Eine Diät zu halten, ist nicht immer einfach. Dennoch stürzen sich jedes Jahr unzählige Menschen in dieses Vorhaben. Sein es gute Vorsätze, ein sportliches Ziel oder einfach nur der Wunsch nach Veränderung – eine Diät stellt immer eine Anpassung des eigenen Handelns dar. Doch egal, für welche Herangehensweise man sich entscheidet: Die folgenden vier Punkte sind für jede Diät von Bedeutung.
Das richtige Kaloriendefizit
Wer abnehmen möchte, muss mehr Kalorien verbrauchen, als zugeführt werden. Das dürfte ohne Frage jedem bekannt sein. Doch das bedeutet nicht, dass ein Kaloriendefizit von 1000 kcal doppelt so gut wäre, wie lediglich 500 kcal. Je radikaler ein Kaloriendefizit ist, desto größer wird Gefahr, dass nach der Diät körperliche Probleme eintreten werden. Bereits nach wenigen Tagen sind hormonelle Veränderungen im Körper zu beobachten.
Während etwa des Hormon Leptin, das die Sättigung beeinflusst, schon innerhalb weniger Tage absinkt, sind andere Hormone wie Testosteron oder die Schilddrüsenhormone beständiger. Dauert eine Diät aber (zu) lange, fährt der Körper auch die Produktion dieser Botenstoffe zurück. Ein radikales Kaloriendefizit beschleunigt diesen Prozess.
Ein weiterer Grund, dass ein zu großes Kaloriendefizit vermieden werden sollte, ist die Nährstoffzufuhr. Wer Kalorien spart, nimmt nicht nur weniger Makronährstoffe zu sich, sondern reduziert in der Regel auch die Mikronährstoffe und weitere wichtige Bestandteile wie sekundäre Pflanzenstoffe oder Vitaminoide. Letzteres sind vitaminähnliche Stoffe. Das bedeutet, sie zählen nicht zu den Vitaminen, werden vom Körper (in bestimmten Situationen) aber ebenso im Rahmen der Nahrungszufuhr benötigt. Beispiele für Vitaminoide wären L-Carnitin oder Cholin.
Wer Fett abbauen will, sollte Gehen und nicht Trainieren
Wie ich schon 2016 erstmals in einem Buch Ernährung für (Kraft-)Sportler schrieb: Es gibt kein Fettabbau-Training! Training dient dazu, die Kohlenhydratspeicher zu leeren und im besten Fall die körperlichen Fähigkeiten bzw. Zusammensetzung zu verbessern. Sei es der Stoffwechsel von Kohlenhydraten oder Fett, die Bewegungseffizienz oder auch die Muskelproteinsynthese.
Selbstverständlich verbrennt Training Kalorien und erhöht somit unseren Kalorienverbrauch. Doch was diesen Punkt betrifft, ist Training – egal welcher Art – recht ineffizient. Je intensiver das Training ist, desto mehr Kalorien verbrennen wir zwar pro Minute, allerdings verkürzt dies auch die Dauer, die wir durchhalten werden. Ferner verbrennt der Körper selbst bei einer Belastung von 80 Prozent unseres Maximalpulses in erster Linie Kohlenhydrate.
Lautet das Ziel Fettverbrennung, muss die Aktivität mit deutlich geringerem Puls erfolgen. Dies wäre fürs Training generell möglich. Insbesondere Ausdauersport kann mit entsprechender Intensität über eine längere Dauer gleichmäßig umgesetzt werden. Gleichzeitig führt dieses Vorgehen aber dazu, dass die Regeneration sich verlängert.
Selbstverständlich sollte man auch in einer Diät trainieren. Nur eben nicht plötzlich mehr als noch zuvor, wenn man bisher bereits ein sportliches Leben geführt hat. Deutlich sinnvoller ist es, sich dem Gehen zu widmen.
Kalorienverbrauch: Gehen vs. Laufen
Ein einfaches Beispiel: Wenn ich 10 Kilometer in gut 45 Minuten laufe, liegt der Verbrauch in dieser Einheit bei fast 600 kcal. Das klingt zunächst einmal verlockend, erhöht jedoch den Regenerationsbedarf. Wird dieselbe Zeit zügig gegangen, verbrennt der Körper etwas weniger als 400 kcal.
Doch nicht nur die Kalorienmenge, sondern auch deren Herkunft unterscheidet sich. Beim 10-Kilometerlauf werden in erster Linie die Kohlenhydratspeicher geleert. Dieser Punkt bietet definitiv auch einige Vorteile. Fettverbrennung fand im genannten Beispiel allerdings beim Gehen statt.
Im Gegensatz zum 10-Kilometer-Lauf erfordert das Gehen zudem weder Post-Workout-Shakes noch anschließende Regenerationsmaßnahmen. Man kann den Umfang dieser Aktivität sehr stark ausweiten, ohne dass die muskuläre Beanspruchung Einfluss auf das sonstige Training hätte.
Würde ich 90 Minuten mit maximaler Intensität laufen, wäre mein Tempo langsamer als auf 10 Kilometer und ich würde noch knapp 1.100 kcal verbrennen. Nicht ganz das Doppelte an Kalorien und mit einem deutlich höheren Regenerationsbedarf. Die gleiche Zeit würde beim Gehen gut 800 kcal bringen und weiterhin die Regeneration nicht beeinträchtigen.
Ich kann mir in einer Diät jeden Tag die Zeit nehmen und bewusst 90 Minuten gehen. Eine Laufeinheit über 90 Minuten mit voller Intensität halte ich keine Woche durch, geschweige denn eine gesamte Diät.
Die vier Dimensionen eines Nahrungsmittels
Eine Diät dreht sich stets um die Kalorienzufuhr. Dies wurde bereits mit den ersten beiden Punkten betont. Entsprechend könnte man sich theoretisch allein von flüssigen Shakes und Pülverchen ernähren, was praktisch auch in der Vergangenheit bis in die Gegenwart immer wieder von unterschiedlichsten Firmen als ultimativer Diät-Hack beworben wird. Dass es in der Praxis offenbar doch nicht so einfach ist, musste unweigerlich schon jeder Verbraucher feststellen, der seine Hoffnung in solche Shakes steckte.
Essen hat deutlich mehr Dimensionen, wenn wir dies so bezeichnen wollen, die von Bedeutung sind. Vereinfacht können wir dies auf folgende Punkte reduzieren: Nährstoffzusammensetzung, Sättigungsfaktor, Geschmacksbefriedigung und der soziale Faktor.
Nährstoffzusammensetzung
Der erste Punkt ist relativ offensichtlich, wobei neben den Makronährstoffen auch Mikronährstoffe und Anti-Nährstoffe gemeint sind. Durch die Makronährstoffe werden nicht nur die Kalorien angesammelt, sondern auch die Ziele bezüglich Kohlenhydrate, Fette und Protein erfüllt. Die Mikro- und Anti-Nährstoffe sind der Hauptgrund dafür, dass Lebensmittelvielfalt auch in einer klug geplanten Diät sinnvoll ist.
Sättigungsfaktor
Der Sättigungsfaktor ist gerade bei einer reduzierten Kalorienzufuhr ein wichtiger Punkt, der nicht allein über die Kaloriendichte eines Lebensmittels realisiert wird. Andernfalls wären die bereits genannten flüssigen Mahlzeitenersatzprodukte die optimale Lösung. Deutlich wichtiger sind aber Faktoren wie Magenverweildauer und Nährstoffzusammensetzung, da die einzelnen Makronährstoffe unterschiedliche Hunger- bzw. Sättigungshormone aktivieren.
Wie stark ein Nahrungsmittel sättigt, wird zum Teil durch verschiedene Skalen bzw. Index-Werte kategorisiert, kann dann aber dennoch individuell unterschiedlich wahrgenommen werden. Angesichts dessen ist es sinnvoll, insbesondere in der Diät bewusster auf den Sättigungseffekt zu achten und die eigene Reaktion auf entsprechende Lebensmittel zu bewerten. Reis und Kartoffeln liefern beispielsweise in zubereiteter Form eine ähnliche Kaloriendichte, können jedoch unterschiedlich sättigend wirken.
Geschmacksbefriedigung
Den dritten Punkt bezeichnete ich als Geschmacksbefriedigung. Damit ist zum einen der tatsächliche Geschmack gemeint. Wer einen Jieper auf süße Lebensmittel hat, kann so viel sättigende herzhafte Lebensmittel essen, wie er möchte. Der Magen ist gefüllt, das geschmackliche Verlangen nicht befriedigt. Wer sich dennoch in jeder Situation zurückhält, zelebriert auf der einen Seite zwar die Disziplin des Momentes, fördert gleichzeitig aber auch zukünftige Niederlagen. Sein es ungeplante Ausrutscher, der vollständige Abbruch der Diät oder zukünftige Essstörungen.
Die Autorin Olivia Wollinger spricht in diesem Fall von Summern und Zuwinkern, was die Mechanismen möglicherweise etwas besser verdeutlicht. Summer sind Lebensmittel, deren Geschmack tatsächlich eine Befriedigung ausüben wird. Wir denken daran, ohne mit diesen konfrontiert worden sein zu müssen.
Zuwinker und Summer
Das Verlangen nach Zuwinkern entsteht dagegen erst beim Anblick des Produktes. Es ist also ein Unterschied, zu schauen, was die Eis-Schublade hergibt (Zuwinker) oder ob man gezielt ein bestimmtes Nahrungsmittel herausholen will (Summer).
Neben dem eigentlichen Geschmack ist aber auch die Konsistenz, die Haptik im Mund beim Kauen, von Bedeutung. Wer Schokolade will, wird nicht dieselbe Befriedigung beim Trinken eines Schoko-Proteinshakes oder Essen eines Quarks mit Flavour-Pulver empfinden, wenn der Summer tatsächlich eine Tafel Schokolade ist.
Eine Diät ist in diesem Punkt für viele Menschen ein Balanceakt, der einen individuellen Lernprozess voraussetzt. Wer jedem Summer nachgibt, wird bisherige Essgewohnheiten nicht ausbrechen können. Wer dagegen gänzlich darauf verzichtet, mündet irgendwann in den bereits genannten Herausforderungen.
Essen als sozialer Faktor
Der vierte Punkt, den ich auch gar nicht zu sehr ausweiten will, ist der soziale Faktor. Neben erlerntem Essverhalten wie das Denken in Mahlzeiten oder das Essen bestimmter regionaler Gerichte nimmt das Essen in Gesellschaft einen wichtigen Faktor ein. Sei es das Frühstück mit der Familie, die Mittagspause auf der Arbeit oder das gemeinsame Abendessen mit Freunden. Hunger oder Appetit rücken leicht in den Hintergrund, wenn das Zuführen von Kalorien schlichtweg zum sozialen Ereignis dazu gehört.
Das bedeutet nicht, dass man von heute auf morgen alle Gewohnheiten über den Haufen werfen muss. Ob es aber das dritte Brötchen, der extra-große Nachtisch oder der Cocktail aus Saft und Alkohol sein muss, sollte auch ohne eine Diät reflektiert werden.
Essensfenster und Hungergefühl in der Diät
Generell bin ich ein Freund davon, auf das gesunde Hungergefühl zu hören und mit dem Essen zu beginnen, wenn dieses sich meldet. Insbesondere nachdem man sich den trainierten Ghrelin-Rhythmus wieder abgewöhnt hat, wie ich es in meinem Ernährungsbuch ausführlicher beschrieb.
Wer es nicht gelesen hat: Die Kurzversion lautet, vier Wochen lang ein Essensfenster von 12 Stunden zu nutzen, um seinen Körper und das eigene Hungergefühl besser kennenzulernen. Viele Menschen nehmen die erste Mahlzeit des Tages aus Gewohnheit zu sich.
Aus der Praxis weiß ich, dass es Menschen gibt, denen eine Diät leichter fällt, wenn das Essensfenster kürzer und die Magenfüllung während der Nahrungszufuhr dadurch größer ist.
Nur 4 Stunden Essenszeit während einer Diät?
Im Rahmen einer Diät vor gut zehn Jahren führte ich dies selbst über mehrere Monate durch und reduzierte das Essensfenster monatlich um jeweils eine Stunde, bis ich schließlich jeden Tag nur ein vierstündiges Essensfenster zur Verfügung hatte.
In diesem durfte gegessen werden, soviel ich wollte, ohne dass Kalorien gezählt wurden. Es sollte klar sein, dass die Nahrungsmittelauswahl mit Sinn und Verstand erfolgte und nicht Pizza und Eis jeden Tag auf dem Speiseplan standen.
Das Prinzip funktionierte damals gut und war simpel, wobei insbesondere Berufstätige mit einem stressigen Arbeitstag über diese Option nachdenken könnten. Wer auf der Arbeit ohnehin ans Essen erinnert werden muss und sich dann meist Junk-Food oder Süßigkeiten einverleibt, könnte ohne große Veränderung große Erfolge erzielen.
Was man in der Diät für das Sättigungsgefühl tun kann
Doch auch wenn man sein Essensfenster nicht auf vier Stunden reduziert, wird es im Zusammenhang mit einer Diät früher oder später an dem ein oder anderen Tag zu Hungergefühlen kommen. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, dieses in den Griff zu bekommen.
Das bereits genannte beachten des Sättigungsfaktors bei Lebensmitteln und in diesem Zusammenhang der gezielte Einsatz von Ballaststoffen wie Flohsamenschalen ist ein Punkt. Ein anderer stellt eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr dar. Gerade nach dem Aufstehen verwechseln einige Menschen immer wieder Durst mit Hunger. Es hat sich noch niemand satt getrunken, aber die Zufuhr von Wasser, Tee oder auch mal etwas kalorienfreier Brause sollte immer eine Option sein.
Eine Diät ist nie einfach
Die vier genannten Tipps machen eine Diät nicht zu einem Selbstläufer. Es ist immer schwieriger das ein oder andere Kilo abzunehmen, als dieses wieder auf die Hüften zu bekommen. Wir essen gerne und bewegen uns im Alltag häufig zu wenig. Aus diesem Grund sollten gute Angewohnheiten, die man sich während einer Diät aneignet, auch möglichst nach dieser Zeit noch beibehalten werden. Nur so wird man die gewünschte Veränderung auch nachhaltig erreichen.
Autor: Dr. Frank-Holger Acker | Titelbild: Pixabay