Im Fitnessbereich sind Refeed-Tage, an denen mehr gegessen wird, eine beliebte Strategie, die körperliche Leistung und die Muskelmasse, aber auch die Motivation in einer Diät zu bewahren. Nach einigen Tagen oder Wochen im Kaloriendefizit wird solch ein Refeed eingelegt, um die Glykogenspeicher aufzufüllen und dem Körper zu signalisieren, dass er sich nicht in einer Hungersnot befindet. Wer die evidenzbasierte Fitnessszene beobachtet hat, wird sicherlich über eine aktuelle Studie aus dem Labor von Dr. Bill Campbell gestolpert sein, die sich der Frage widmet, ob Refeeds tatsächlich zu einem besseren Diäterfolg führen [1].
Trotz der vielen Erfahrungsberichte aus der Praxis gehen die Meinungen über die Sinnhaftigkeit und auch das genaue Protokoll von Refeeds in einer Diät auseinander. Nicht viele Untersuchungen beschäftigten sich bisher mit dieser Methode bei schlanken, trainierten Personen, obwohl sie wahrscheinlich zu den Menschen gehören, die am häufigsten davon Gebrauch machen. Um für Klarheit in diesem Punkt zu sorgen, führte man die angesprochene Studie durch, wobei die Ergebnisse nicht nur dabei helfen sollen, Streitpunkte zu lösen, sondern auch den Weg für neue evidenzbasierte Ernährungsempfehlungen zu ebnen.
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Die Studie
Das Design dieses Experimentes war so elegant wie einfach. Man rekrutierte 58 junge Männer und Frauen mit durchschnittlich fünf Jahren Erfahrung beim Krafttraining und analysierte zunächst ihre Körperzusammensetzung und ihren Kalorienverbrauch [1]. Aus unterschiedlichen Gründen, beispielsweise einer mangelnden Einhaltung der Interventionen, blieben davon 27 Personen übrig. Für die siebenwöchige Untersuchungsphase wurden sie dann in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt:
- Refeed-Gruppe: Kaloriendefizit von 35 Prozent an fünf Tagen pro Woche, gefolgt von zwei Tagen auf Erhalungskalorienniveau
- Kontinuierliche Gruppe: Kaloriendefizit von 25 Prozent an sieben Tagen pro Woche ohne Refeeds
Über eine Woche gesehen wiesen beide Gruppen damit ein Kaloriendefizit von 25 Prozent pro Tag auf. Beide Gruppen aßen im Durchschnitt der sieben Tage rund 20 Kilokalorien pro Kilogramm Körpergewicht, 1,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht und jeweils 0,7 und 1,7 Gramm Fett und Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Der einzige Unterschied war, dass die zusätzlichen zehn Prozent des Defizits der Refeed-Gruppe durch die Reduktion der Kohlenhydrate zustande kam, die jedoch in den zwei Tagen des Refeeds zusätzlich gegessen wurden.
Das Trainingsprogramm bestand aus einem Oberkörper/Unterkörper Split, wobei an vier Tagen pro Woche trainiert wurde. Es wurden sechs Übungen für den Oberkörper und fünf Übungen für den Unterkörper mit je vier Arbeitssätzen ausgeführt. In Woche vier wurde dabei insgesamt nur zweimal trainiert, da diese Woche als Taper dienen sollte. Zusätzlich sollten alle Teilnehmer an zwei Tagen pro Woche 30 Minuten Cardiotraining ausführen.
Die Ergebnisse
Nach Ablauf der siebenwöchigen Intervention stellte sich heraus, dass beide Gruppen signifikant an Körpergewicht und Fettmasse verloren. Dabei bestand jedoch kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Allerdings verlor nur die Gruppe mit dem kontinuierlichen Kaloriendefizit signifikant an fettfreier Körpermasse und signifikant mehr trockene fettfreie Körpermasse als die Refeed-Gruppe. Fettfreie Körpermasse besteht nicht nur aus Muskelmasse, sondern aus allem, was kein Fettgewebe darstellt. Darunter auch Wasser, Organmasse und Knochensubstanz. Die trockene fettfreie Körpermasse stellt diesen Wert abzüglich der gesamten Wassermasse des Körpers dar.
Wenn wir uns die individuelle Veränderung der Teilnehmer ansehen, stellen wir fest, dass nicht jeder Proband gleich gut auf die Intervention reagierte. Manche von ihnen schafften es mit Refeeds, gleichzeitig fettfreie Körpermasse aufzubauen und Körperfett abzubauen. Andere verloren trotz Refeeds deutlich an fettfreier Körpermasse. Im Durchschnitt gesehen ist allerdings positiv anzumerken, dass der Grundumsatz der Teilnehmer in Refeed-Gruppe mit durchschnittlich -38 Kilokalorien weniger stark zurückging als in der kontinuierlichen Gruppe mit -78 Kilokalorien pro Tag. Dieser Unterschied erreichte jedoch keine Signifikanz.
Interpretation der Daten
Die Autoren schlussfolgern aus ihrem Versuch, dass „ein zweitägiger Refeed die fettfreie Körpermasse, trockene fettfreie Körpermasse und den Grundumsatz während eines Kaloriendefizits besser schützt als ein kontinuierliches Kaloriendefizit.“ [1] Der Fettverlust und das absolvierte Trainingsvolumen unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. Das klingt für uns erst einmal nach einem haushohen Sieg für die Durchführung von Refeeds. Allerdings weist diese Studie ihre Limitationen auf.
Der Grund, warum die trockene fettfreie Körpermasse in der kontinuierlichen Gruppe höher sein kann als die fettfreie Masse selbst ist, dass das Körperwasser mithilfe einer bioelektrischen Impedanzanalyse gemessen wurde und die restlichen Parameter mithilfe von Ultraschall. Beide Verfahren besitzen keine hundertprozentige Genauigkeit. Eine zusätzliche Limitation der Studie ist, dass die abschließende Messung der Körperkomposition zwei Tage nach Ablauf der Diät und damit auch zwei Tage nach dem letzten Refeed stattfand. In dieser Zeit wurde kein weiteres Training durchgeführt. Somit hatten die Probanden in der Refeed-Gruppe mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich mehr Glykogen in der Muskulatur und wie wir wissen, bindet jedes Gramm Glykogen rund drei Gramm Wasser in der Muskulatur.
Wie viel Körperfett kann man maximal an einem Tag zunehmen?
Durch einen Überschuss an Kalorien nehmen wir Gewicht und gegebenenfalls auch Körperfett zu, das ist Fakt. Viele von uns werden aus diesem Grund stets ein großes Augenmerk auf ihre Nahrungszufuhr legen und ihre Ernährung so steuern, dass sie möglichst an Fett abnehmen oder die Fettzunahme in Phasen des Muskelaufbaus minimieren. Diese, abhängig von der Vorgehensweise […]
Lediglich die Veränderung der trockenen fettfreien Körpermasse wies am Ende eine statistische Signifikanz auf. Alle anderen Parameter tendieren zwar in die Richtung der Refeeds, allerdings kann ein zufälliges Ergebnis dabei nicht ausgeschlossen werden. Zusätzlich besteht die trockene fettfreie Körpermasse ebenfalls aus Glykogen und es ist wahrscheinlich, dass diese Speicher in der Refeed-Gruppe deutlich voller waren.
Der leicht unterschiedliche Rückgang des Grundumsatzes von -38 gegenüber -78 Kilokalorien am Tag deutet darauf hin, dass die Gruppe ohne Refeeds tatsächlich etwas mehr Muskelmasse verlor, da diese zu einem großen Teil zum Energieverbrauch des gesamten Körpers in Ruhe beiträgt. Aufgrund des geringen Unterschiedes und der großen, aber dennoch nicht ausreichenden Teilnehmerzahl konnte auch hier jedoch kein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt werden.
Letztlich zeigt der Blick auf die Veränderungen jedes einzelnen Teilnehmers, dass beide Methoden bei schlanken, trainierten Probanden über sieben Wochen hinweg zu ähnlichen Ergebnissen führen und dass eine individuelle Varianz besteht. Wie immer obliegt es daher dem Athleten selbst, ob er lieber an sieben Tagen pro Woche ein moderates Defizit einhält oder an fünf Tagen ein etwas höheres und dafür an zwei Tagen eine Pause davon einlegt.
Fazit und Zusammenfassung
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um die erste ihrer Art, die den Effekt von zweitägigen Refeeds pro Woche bei gleichem durchschnittlichen Kaloriendefizit anhand von schlanken, erfahrenen männlichen und weiblichen Kraftsportlern untersucht hat. Die Ergebnisse erscheinen zunächst überzeugend, dass eine Diät mit regelmäßigen Refeeds einem kontinuierlichen Kaloriendefizit deutlich überlegen ist. Allerdings weist diese Studie Limitationen auf. Die wichtigste von ihnen ist, dass die Messung der Körperkomposition zwei Tage nach Beendigung der Intervention und damit ebenfalls zwei Tage nach dem letzten Refeed stattfand.
Somit erscheint es wahrscheinlich, dass die Refeed-Gruppe deutlich mehr Glykogen und damit fettfreie Körpermasse aufwies. Der Fettabbau war jedoch in beiden Gruppen gleich. Bis weitere Studien ohne diese Limitationen die Ergebnisse bestätigen, lautet das Fazit, dass die Durchführung von Refeeds von der persönlichen Präferenz des Athleten abhängig ist. Wir sind gespannt, was künftige Daten darüber zu berichten haben.
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Primärquelle:
Menno Henselmanns: „New study: do refeeds help preserve muscle mass?“ mennohenselmans.com
Literaturquellen:
- Campbell, Bill I., et al. „Intermittent Energy Restriction Attenuates the Loss of Fat Free Mass in Resistance Trained Individuals. A Randomized Controlled Trial.“ Journal of Functional Morphology and Kinesiology 5.1 (2020): 19.
- Olsson KE, Saltin B. Variation in total body water with muscle glycogen changes in man. Acta Physiol Scand. 1970 Sep;80(1):11-8.