Über Soja als Rohstoff für Nahrungsmittel scheiden sich die Geister. Während die einen jedes Produkt meiden, auf dem das Wort nur in der Zutatenliste auftaucht, konsumieren andere eine Menge Lebensmittel täglich, die hauptsächlich aus der Bohne gewonnen werden. Im Bodybuilding genießt Soja den Ruf, den Muskelaufbau durch gewisse Eigenschaften zu beeinträchtigen. Als Gründe dafür werden unter anderem Phytoöstrogene, Anti-Nährstoffe oder eine geringere Proteinqualität angegeben. Im heutigen Artikel wollen wir zunächst klären, wie gut oder schlecht Soja aus Sicht der östrogenen Eigenschaften für den Testosteronspiegel ist. In Teil zwei werden wir uns dann um die besagten Antinährstoffe und die Proteinqualität kümmern.
Was ist Sojaprotein?
Zu seiner Bedeutung kam Soja aufgrund seines kompletten Aminosäurenprofils. Die meisten pflanzlichen Proteinquellen besitzen im Vergleich zu Fleisch, Fisch, Milch und Eiern ein Aminosäurenprofil, welches für den menschlichen Organismus gewisse Defizite in einigen Bestandteilen aufweist. Sojaprotein dagegen wird als „komplette“ Proteinquelle betrachtet, was ihm für den Muskelaufbau zunächst einen großen Pluspunkt verschafft. Vor allem für diejenigen, die sich überwiegend oder ausschließlich pflanzlich ernähren wollen.
Wie in der Grafik zu erkennen, ist Methionin die limitierende Aminosäure von Soja in Bezug auf die menschliche Ernährung. Ein Nicht-Sportler ohne erhöhten Bedarf muss langfristig zehn Milligramm Methionin pro Kilogramm Körpergewicht am Tag aufnehmen, um zu überleben, was einer Menge von einem Gramm reinem Sojaprotein pro Kilogramm Körpergewicht entspricht. Auch wenn Sojaprotein in Sachen Aminosäurenprofil nicht ganz mit den tierischen Quellen mithalten kann, stellt es unter den pflanzlichen Vertretern einen der Spitzenreiter dar. Allerdings ist dies nicht die einzige Eigenschaft, für die diese Hülsenfrucht bekannt ist.
Sojabohnen enthalten eine Vielzahl weiterer Stoffe. Berüchtigt unter ihnen sind die Isoflavone, welche mit einer Östrogenwirkung in Verbindung gebracht werden, sowie Trypsininhibitoren, welche zwar positiv im Kampf gegen Krebs sein sollen, aber die Proteinverdauung hemmen sollen. Weiterhin enthalten Sojabohnen eine Vielzahl von Vitaminen und Mineralen, auf die wir uns im Verlaufe dieser Artikelreihe jedoch weniger fokussieren möchten. Stattdessen wollen wir eher über die kontroversen Stoffe berichten, die zu dem Ruf geführt haben, dass Soja schlecht für den Muskelaufbau sei.
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Soja-Isoflavone und Östrogen
Zu den Phytoöstrogenen gehören im Wesentlichen zwei wichtige östrogenähnlliche Stoffe, die man hauptsächlich in Soja, aber auch anderen Pflanzen findet. Sie nennen sich Genistein und Diadzein. Diese Begriffe hört man neben einem weiteren Stoff namens Equol oft, wenn es um Isoflavone geht. Letzteres ist ein Abbauprodukt von Genistein und von allen drei der Stoff mit der stärksten östrogenen Wirkung. Man bezeichnet diese Stoffe als Phytoöstrogene, da sie am Östrogenrezeptor andocken und ihn aktivieren können. Wenn dies erfolgreich geschieht, wird der betreffenden Zelle eine östrogenähnliche Wirkung übermittelt.
Dies allein reicht aus, um manche Menschen von Soja als potenzielles Nahrungsmittel zurückschrecken zu lassen. Sie glauben, dass Soja den Testosteronspiegel ins Bodenlose sinken lässt, ein Stück Tofu weibliche Brüste wachsen lassen kann und zum Abbau von Muskelmasse führt. Wenn wir sie allerdings als Selektive Östrogen Rezeptor Modulatoren (SERMS) betrachten, würden einige Bodybuilder sogar bereitwillig dafür Geld bezahlen. Mit ein wenig mehr Kontext wird klar, wie dieses Statement gemeint ist und alles beginnt mit der Wirkungskraft.
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Wie stark beeinflusst Soja den Östrogenspiegel?
Ob eine östrogenähnliche Substanz wie die Phytoöstrogene aus Soja eine hohe oder niedrige Wirkungskraft aufweist, hängt von ihrer Struktur ab. Das Supplement Pueraria mirifica, welches aus einer Knolle namens Weiße Kwao Krua gewonnen wird, hat eine so östrogene Wirkungskraft, dass es mit der Anti-Baby-Pille verglichen werden kann. Darauf deuten zumindest Studien an weiblichen Primaten hin, bei denen die Pflanze den weiblichen Sexualzyklus blockieren konnte [2].
In Bezug auf Soja haben wir zwar keine Studien an Primaten zur Verfügung, aber Untersuchungen an Ratten deuten darauf hin, dass ein erhöhter Östrogenspiegel selbst dafür sorgt, dass die Aufnahme von Genistein limitiert wird [2]. Wenn man männliche Ratten genetisch so verändert, dass sie Genistein nicht mehr abbauen können und ihnen eine hohe Menge davon isoliert zu fressen gibt, dann kann man sie damit unfruchtbar machen [3]. Der Unterschied zwischen Pueraria mirifica und Genistein ist allerdings, dass Ersteres sehr wirkstark ist und einen Effekt auslöst, wenn man es nur einnimmt. Damit Genistein aus Soja allerdings ähnliche Effekte entfaltet, muss man einen Gendefekt, einen ernstzunehmenden Leberschaden oder eine ungewollte Interaktion mit einem Medikament aufweisen, welches die Glucoronidierung in der Leber hemmt.
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Damit aber genug von den Studien an Tieren. Nach der Menopause geht die Östrogenproduktion bei der Frau zurück, weshalb es zu bestimmten Beschwerden kommen kann. Die Studien deuten darauf hin, dass Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen aus Soja diese Symptome durch die östrogenähnliche Wirkung verbessern kann [4, 5, 6]. Bei jüngeren Frauen konnten keine bedeutungsvollen Veränderungen der Östrogen-Kinetik festgestellt werden [7].
Wenn wir uns den Wirkungen von Soja bei Männern widmen und Androgene wie Testosteron ins Spiel kommen, werden die Dinge ein wenig interessanter. Es scheint, als würde die Aufnahme von Soja sogar eine negative Korrelation mit dem Östrogenspiegel aufweisen [8]. Mit anderen Worten: Mehr Soja, weniger Östrogen. Während diese Studie ebenfalls eine knapp signifikante Reduktion des Testosteronspiegels feststellte, beobachtete eine spätere Untersuchung keine Auswirkung auf das primäre männliche Geschlechtshormon, wenn zusätzlich Krafttraining ausgeführt wurde [9].
Diese Studie und eine weitere konnten in Kombination mit dem Krafttraining weiterhin keinen Unterschied in der Entwicklung der Kraft und Muskelmasse feststellen [10]. Generell gesehen scheint Soja den Östrogen- und Testosteronspiegel nicht zu verändern und bei gesunden Menschen allgemein sehr neutral in Bezug auf die Hormonwirkung zu sein. Eine potenzielle Wirkung scheint Soja nur in einer Situation des Östrogenmangels bei Frauen zu entfalten. Das bedeutet allerdings nicht, dass überhaupt keinen Effekt auf die Testosteronwirkung besteht, er ist nur ein wenig anders zu betrachten.
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Isoflavone aus Soja als SARMs und SERMs
Es besteht die Möglichkeit, dass Isoflavone eine abmildernde Rolle in der Aktivität von Östrogenen und Androgenen beisitzen könnten. Die zuvor erwähnten Studien, welche keine Auswirkungen der Aufnahme Soja auf den Testosteronspiegel zeigten, treffen auf eine Untersuchung, die einen Rückgang des Wertes im Blut um 19 ± 22 Prozent zeigte [11]. Andere Forscher antworteten in einem Brief auf diese Studie und merkten an, dass die Ergebnisse durch einen einzelnen der Teilnehmer verzerrt wurden [12]. Bei ihm beobachtete man zunächst einen Rückgang um 40 Prozent und im Verlauf der folgenden vier Wochen um weitere 30 Prozent. Bei allen anderen Teilnehmern konnte kein Rückgang beobachtet werden. In der Theorie könnte dies Sinn ergeben, wenn wir beachten, dass Isoflavone mit den Testosteron- und Östrogenrezeptoren interagieren und sie als SARMs und SERMs betrachten.
Unter der Abkürzung SARMs versteht man eine Gruppe Selektiver Androgen Rezeptor Modulatoren, welche selektiv an den Androgenrezeptoren andocken und sie aktivieren und besetzen können. Selektive Östrogen Rezeptor Modulatoren (SERMs) hingegen aktivieren und besetzen die Östrogenrezeptoren. Solange ein SARM oder SERM an einen Rezeptor gebunden ist, kann kein echtes Androgen oder Östrogen andocken und seine Wirkung entfalten.
Aufgrund der Wirkung auf die Rezeptoren können sie die Signalwirkung steigern und hormonähnliche Effekte entfalten. Da sie aber schwächer wirken als Testosteron und Östrogen selbst, können sie insgesamt die hormonelle Wirkung senken, weil das eigentliche Hormon nicht an den Rezeptor binden kann, wenn er durch einen Selektiven Modulator blockiert ist. Es wird also eine Wirkung übertragen, aber eine schwächere.
Bei Personen mit einem niedrigen Testosteronspiegel und entsprechend vielen freien Rezeptoren können SARMs einen positiven Effekt entfalten, weniger stark bei einem durchschnittlichen Spiegel und eventuell sogar einen negativen Effekt bei Menschen mit einem hohen oder supraphysiologischen Wert. In normalen Ratten konnte beobachtet werden, dass Genistein einen anti-androgenen Effekt hat und bei kastrierten Ratten den Androgenrezeptor sogar aktiviert [14]. Wer hätte gedacht, dass Soja technisch gesehen eine androgene Wirkung haben kann? Bei der Betrachtung dieser Studien sollte man allerdings im Hinterkopf behalten, dass kastrierte Ratten gar kein Testosteron mehr produzieren.
Fazit und Zusammenfassung
Die Isoflavone aus Soja scheinen den Östrogen- und Testosteronspiegel mehr oder weniger auszugleichen. Hohe Werte werden in ihrer Wirkung reduziert und niedrige Werte aufgrund des androgenen und östrogenen Effektes ausgeglichen. Das ist positiv zu betrachten, wenn man an einem ausgeglichenen Hormonspiegel interessiert ist, aber weniger, wenn man Androgene zur Leistungssteigerung verwendet oder auch auf natürliche Weise an einem besonders hohen Testosteronspiegel interessiert ist. Wenngleich wir zu Beginn dieses Artikels schon kurz auf das Aminosäurenprofil der Hülsenfrucht eingegangen sind, werden wir in Teil zwei genauer auf die Qualität des Sojaproteins für den Muskelaufbau eingehen.
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Primärquelle: Kurtis Frank: „Can Soy Protein Isolate Decrease Your Testosterone?“, www.legionathletics.com
Literaturquellen:
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- Trisomboon, Hataitip, et al. „Ovulation block by Pueraria mirifica.“ Endocrine 26.1 (2005): 33-39.
- Seppen, Jurgen. „A diet containing the soy phytoestrogen genistein causes infertility in female rats partially deficient in UDP glucuronyltransferase.“ Toxicology and applied pharmacology 264.3 (2012): 335-342.
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- Pawlowski, Jessica W., et al. „Impact of equol-producing capacity and soy-isoflavone profiles of supplements on bone calcium retention in postmenopausal women: a randomized crossover trial.“ The American journal of clinical nutrition 102.3 (2015): 695-703.
- Cohen, Leonard A., et al. „Soy isoflavone intake and estrogen excretion patterns in young women: effect of probiotic administration.“ in vivo 21.3 (2007): 507-512.
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- Goodin, Susan, et al. „Clinical and biological activity of soy protein powder supplementation in healthy male volunteers.“ Cancer Epidemiology and Prevention Biomarkers 16.4 (2007): 829-833.
- Goodin, Susan, et al. „Effect of soy protein on testosterone levels.“ Cancer Epidemiology and Prevention Biomarkers 16.12 (2007): 2796-2796.
- Rambhatla, Amarnath, Jesse N. Mills, and Jacob Rajfer. „The role of estrogen modulators in male hypogonadism and infertility.“ Reviews in urology 18.2 (2016): 66.
- Pihlajamaa, Päivi, et al. „The phytoestrogen genistein is a tissue-specific androgen receptor modulator.“ Endocrinology 152.11 (2011): 4395-4405.