Wer kennt’s? Du betrittst unter der Woche abends ein McFit oder ein ähnliches Fitnessstudio und bist umgeben von einer Vielzahl übler Gasemissionen. Neben Schweiß sind es vor allem Proteinfürze, die zur Geruchsbelästigung beitragen und Anlass für vielerlei Witze innerhalb der Community darstellen. Aber was wir heute besprechen werden, ist kein Grund zum Lachen. Eine schlechte Verdauung und Darmgesundheit führen nicht nur zu Blähungen, Unwohlsein und dazu, dass es nicht schön ist, mit dir abzuhängen. Sie können außerdem deinen Testosteronspiegel senken.
Eine schlechte Darmgesundheit ist kein „schneller Tod“. Stattdessen ist es eine langsame Kaskade von Unbequemlichkeiten, die eventuell in einer ernstzunehmenden Krankheit enden und dich für lange Zeit ausknocken oder sogar das Ende deiner Trainingskarriere besiegeln können. Zum Glück gibt es Mittel und Wege, um diese Plage zu bekämpfen, bevor sie sich ernsthaft auswirken kann.
Tritt deinem Darm in die Eier
Ein großer Teil deines Immunsystems sitzt im Verdauungstrakt und in manchen Regionen ist es nur durch eine schmale Barriere von deinem Darminhalt getrennt, die gerade einmal so dick ist wie eine Zelle. Wenn diese Barriere durchlässige wird, können Nahrungspartikel unverdaut in den Blutkreislauf gelangen und wenn das passiert fängt dein Körper an sie mit Antikörpern zu bekämpfen und Zytokine zu produzieren, die chronische Entzündungsreaktionen steigern.
Wenn diese Entzündungsreaktionen außer Kontrolle geraten, führen sie zu einigen unschönen Folgen, die deine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können. Erschöpfung, schmerzende Gelenke, schlechte Regeneration und sogar Depressionen können auftreten. Sie können sogar dazu führen, dass Leydigzellen absterben. Diese Zellen in den Hoden produzieren das männliche Sexualhormon Testosteron und der Untergang dieser Zellen kann dazu führen, dass der Spiegel des anabolen Signalmoleküls sinkt [1].
Solange die Entzündungsraten steigen, kann es auch dazu kommen, dass dein Körper anfälliger für die Speicherung von viszeralem Fett ist [2]. Viszerales Fett ist das Fett, welches unter der Bauchdecke sitzt und zum klassischen „Bierbauch“ führt. Übermäßige Ansammlungen dieses Fettgewebes können in einer erhöhten Produktion des entzündungsfördernden Zytokins IL-6 resultieren. Dadurch entsteht ein Teufelskreis von pro-entzündlichen Reaktionen, die weiter und weiter Leydigzellen abtöten.
Um die Dinge weiter zu verschärfen, können überhöhte Entzündungsraten die Aktivität des Aromataseenzyms steigern, welches mehr und mehr des noch übrig gebliebenen Testosterons in Östrogen umwandelt.
Chronisch erhöhte Entzündungswerte im Verdauungstrakt können außerdem das Gehirn beeinflussen, da beide Bereiche des Organismus durch den Vagusnerv miteinander verbunden sind [3]. Entzündungen im Gehirn können sowohl die Funktion des Hypothalamus als auch der Hypophyse beeinflussen. Diese Hirnareale sind maßgeblich für die Regulierung unseres Hormonhaushaltes und damit auch für Testosteron, Wachstumshormone und Schilddrüsenhormone zuständig. Eine beeinträchtigte Funktion kann die Produktion dieser Botenstoffe hemmen.
Wissenschaftler glauben außerdem, dass eine angeborene Verbindung zwischen Darmflora und allgemeiner Hormonproduktion besteht. Die Bakterien im Darm können potenziell das Signaling und die Produktion von Wachstumshormonen, Testosteron und TSH beeinflussen, was zu den Gründen beiträgt, warum du an einem gesunden Darm arbeiten solltest [4].
Wie du deinen Darm in Ordnung bringst
Eine schlechte Verdauung wird letztendlich seinen Tribut fordern. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht nächsten Monat oder nächstes Jahr. Aber sie wird dich irgendwann einholen. Schon jetzt können dir deine schmerzenden Gelenke, das dauerhaft aufgeblähte Gefühl und die Energielosigkeit, egal ob im Gym oder außerhalb, ein Anzeichen sein. Aber wir können etwas dagegen unternehmen. Im Folgenden stellen wir dir Dinge vor, die du machen musst, um das testosteronsenkende Darmproblem anzupacken und deine Verdauung von Anfang bis Ende in den Griff zu bekommen.
1. Bereite dein Gemüse, Nüsse und Getreide richtig zu
In letzter Zeit wurde die Carnivore Diet in der Fitnessszene immer beliebter. Grund dafür ist hauptsächlich, dass so viele Menschen Probleme bei der Verdauung von Gemüse und Getreide haben. Daher sollte der Verdauungsprozess für Nüsse, Getreide und Gemüse bereits vor dem ersten Bissen stattfinden. Sie richtig zuzubereiten, kann einen großen Unterschied machen.
Gemüse
Wenn es um Gemüse geht, ist es sehr wichtig, die äußere Zellwand abzubauen oder weicher zu machen, bevor wir sie essen. Grünes Blattgemüse und Brokkoli solltest du schneiden, würfeln oder raspeln und dann für zehn Minuten ruhen lassen, bevor du sie verarbeitest. Wenn Pflanzen beschädigt werden, setzen sie Polyphenole frei, um sich vor weiteren Schäden des Gewebes zu schützen. Um dies zu bewerkstelligen, muss die Pflanze Enzyme aktivieren, die den Abbau einiger Zellen fördern, wodurch die Polyphenole frei werden. Die Enzyme helfen dabei, die Zellwände abzubauen, und das verdaut sie in gewisser Weise schon vor. Auch wird die Pflanze aufgrund der gesundheitsförderlichen Polyphenole noch wertvoller.
Das Kochen und Pürieren von Gemüse fördert die Verbaubarkeit ebenfalls. Wenn du dein Grünzeug kochst, dann achte jedoch darauf, dass du auch die Flüssigkeit zu dir nimmst. Viele wichtige Inhaltsstoffe gehen nämlich in das Wasser über. Oder du dämpfst dein Gemüse.
Achte ebenfalls darauf, welches Gemüse du wählst. Wenn du starke Probleme hast, dann nutze Sorten, die reich an löslichen Ballaststoffen, aber arm an unlöslichen Ballaststoffen sind. Beispiele dafür sind Karotten, Kürbis, stärkehaltige Knollen, Rüben, Pastinaken, Beeten und Yamswurzeln. Wenn du die Vorteile einer gemüsereichen Ernährung nicht missen möchtest, aber Verdauungsprobleme so gut es geht vermeiden willst, dann können auch Greens- und Superfoods-Produkte eine geeignete Wahl für dich sein.
Getreide
Getreide hat über die letzten Jahre einen schlechten Ruf bekommen, doch wie in den meisten Fällen ist das oft übertrieben. Einige Getreidesorten sind extrem nährstoff- und hilfreich beim Aufbau von Kraft und Muskelmasse, solange sie verträglich zubereitet werden.
Mann kann Getreide sprossen lassen, wodurch es zu einem herausragenden Lebensmittel wird. Der Vorgang macht es nicht nur besser verdaulich, sondern erhöht auch seinen Vitamingehalt und reduziert den Gehalt an Phytinsäure. Dieser Stoff bindet an Mineralstoffe und verhindert ihre Absorption. Außerdem hemmt Phytinsäure die Proteinverdauung. Man kann bereits gesprosstes Getreide kaufen oder man macht es ganz einfach selbst zu Hause.
Nüsse
Nüsse, besonders Paranüsse, sind eines der nährstoffreichsten Lebensmittel auf diesem Planeten, doch gehören sie auch zu den am schlechtesten verdaubaren. Durch das Einweichen über bis zu 24 Stunden vor dem Verzehr kann man die Verdaulichkeit jedoch erheblich steigern. Große Nüsse wie Paranüsse sollte man nach dem Trocknen jedoch einfrieren, wenn man sie nicht sofort isst. Die Restfeuchtigkeit im Inneren macht sie anfälliger für Schimmel.
2. Kau‘ dein Essen zu Brei
„Gut gekaut, ist halb verdaut“ lautet ein altbekanntes Sprichwort. Und tatsächlich beginnt die Verdauung bereits in dem Augenblick, in dem dein Essen deine Lippen überquert. Je größer die Nahrungspartikel sind, die deinen Darm erreichen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie dort Probleme verursachen. Kauen hilft nicht nur dabei, die Partikel zu zerkleinern, sondern auch wichtige Verdauungsenzyme auszuschütten, die die Nährstoffe besser verdaulich machen. Schon im Mund werden Enzyme wie Amylase ausgeschüttet, die unsere Nahrung in ihre Bestandteile zerlegen. Je länger du kaust, desto mehr Enzyme können ihre Arbeit verrichten.
3. Vermeide Säureblocker!
Eine der dümmsten Ideen ist es, bei Verdauungsproblemen Säureblocker einzuwerfen. Auch wenn du keinen anderen Tipp in diesem Artikel beherzigst, lass‘ dir gesagt sein, dass Säureblocker wie Pantoprazol oder Rennie definitiv die Absorption von Proteinen und anderen Nährstoffen hemmen können [5]. Allein das sollte dich dazu veranlassen, deine Tabletten gegen Sodbrennen in den Müll zu werfen. Durch die Neutralisierung der Magensäure können sie sogar deine Verdauung verschlechtern. Um noch Salz in diese Wunde zu streuen, kann dies dazu führen, dass die Kalziumabsorption darunter leidet.
Die meisten Menschen leiden unter einer Gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD), da sie nicht genügend Magensäure produzieren [6]. Statt Säureblocker zu nehmen, mische zwei Esslöffel Apfelessig mit einem Glas Wasser und trinke vor deinen Mahlzeiten, um das Milieu im Magen saurer zu machen. Dadurch kann neben den weiteren Vorteilen von Apfelessig die Verdauung verbessert werden.
Zusätzlich kann die Einnahme von Verdauungsenzymen dabei helfen, die Menge an Säure zu senken, die der Körper benötigt, um den Verdauungsprozess im Magen durchzuführen.
4. Iss resistente Stärke
Resistente Stärke besitzt viele interessante Vorteile auf den menschlichen Körper. Beispielsweise kann sie die Insulinsensitivität steigern und dabei helfen, die Darmwand zu schützen und zu heilen. Bei Ratten konnte man feststellen, dass resistente Stärke die Ausschüttung eines Proteins namens IL-10 fördern kann. Dieser Botenstoff reguliert Entzündungsreaktionen im Körper und reduziert das Risiko für Darmkrebs und entzündliche Darmerkrankungen.
Der weiße Stoff dient weiterhin als präbiotischer Ballaststoff und damit als Nahrungsquelle für die guten Bakterien im Darm. Das erlaubt es ihnen, mehr Platz im Darm gegenüber schädlichen Mikroorganismen zu erobern. Auch produzieren diese Bakterien kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure, wenn sie resistente Stärke zu fressen bekommen, welche dabei hilft, die Darmwand zu ernähren, sie zu regenerieren und Entzündungen zu reduzieren [7].
Du kannst resistente Stärke über verschiedene Wege zu dir nehmen. Zum einen ist sie in Kartoffeln oder Reis enthalten, die gekocht und dann abgekühlt wurden. Wenn du deine Kohlenhydrataufnahme gering halten möchtest, kannst du auch einen halben Teelöffel Kartoffelstärke mit einem Glas Wasser mischen und trinken. Achte jedoch darauf, anfangs nicht mehr als diese Menge auf einmal zu dir zu nehmen, denn es könnte im wahrsten Sinne nach hinten losgehen.
5. Iss fermentierte Lebensmittel
Es ist nicht nur von Vorteil, die bestehende Darmflora mit Präbiotika zu füttern, sondern sie auch aktiv im Darm anzusiedeln. Eine der besten Möglichkeiten über die Supplementation mit probiotischen Kulturen hinaus, ist es, sie zusätzlich über fermentierte Lebensmittel zu sich zu nehmen. Rohes Sauerkraut, welches bei der Herstellung nicht erhitzt wurde, Kimchi oder Joghurt zu jeder Mahlzeit sind eine hervorragende Quelle, um deinen Darm mit den richtigen Bakterien zu besiedeln.
6. Vermeide nicht-steroidale Antirheumatika wie der Teufel das Weihwasser
Zu oft sieht man Trainierende mit Schmerzmitteln hantieren, wenn die Gelenke wieder schmerzen. Sie nehmen nicht-steroidale Antirheumatika wie Tic Tacs zu sich, doch die Medikamente hemmen deine Regeneration und können auch deine Verdauung durcheinanderbringen, indem sie den Verdauungstrakt durchlässiger machen.
Statt Aspirin, Ibuprofen, Diclofenac und Co. solltest du auf natürliche Entzündungshemmer wie Omega-3 Fettsäuren und Curcumin setzen. Vermeide nur, diese Supplements direkt nach dem Training zu nehmen, denn akute trainingsinduzierte Entzündungsreaktionen sind Teil des Wachstumsreizes, der unseren Muskeln signalisiert, dass sie sich anpassen müssen, indem sie stärker und größer werden. Um auf Nummer sicherzugehen, nimm sie mit einem Abstand von ca. 3 Stunden zum Training.
Der Darm ist das Zentrum des Immunsystems und schlechte Essgewohnheiten können ihn schädigen. Die richtigen Maßnahmen anzuwenden, um die Verdauungsgesundheit zu verbessern, fördert nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Gesundheit des gesamten Körpers, die Regeneration und damit auch die körperliche Leistungsfähigkeit. Daher sollten wir unserer Verdauung viel Beachtung schenken und im wahrsten Sinne auf unser Bauchgefühl hören.
Primärquelle: t-nation.com/diet-fat-loss/bad-digestion-is-killing-your-testosterone
Literaturquellen:
- T Diemer-D Hales, W Weidner. „Immune-endocrine Interactions and Leydig Cell Function: the Role Of Cytokines.“
- A Gummesson; L Carlsson; L Storlien; F Bäckhed-P; LundinL; Löfgren K; Stenlöf Y; Lam B Fagerberg; B Carlsson. „Intestinal Permeability Is Associated with Visceral Adiposity in Healthy Women.“
- Madelyn Houser, Malú Tansey . „The Gut-brain Axis: Is Intestinal Inflammation a Silent Driver Of Parkinson’s Disease Pathogenesis?“
- Neuman, et al. „Microbial Endocrinology: the Interplay Between the Microbiota and the Endocrine System.“ Fems Microbiology Reviews, Oxford Academic.
- E Untersmayr, et al. „Antacid Medication Inhibits Digestion Of Dietary Proteins and Causes Food Allergy: a Fish Allergy Model in Balb/c Mice.“
- S Krasinski, et al. „Fundic Atrophic Gastritis in an Elderly Population. Effect on Hemoglobin and Several Serum Nutritional Indicators.“
- X Ma-P, et al. „Butyrate Promotes the Recovering Of Intestinal Wound Healing Through Its Positive Effect on the Tight Junctions.“