Die Motivationsgründe für die Entscheidung, sich im örtlichen Fitnessstudio anzumelden und die ersten Gehversuche im Kraftsport zu machen, sind in den meisten Fällen identisch und können an einer Hand abgezählt werden. Entweder man wird durch die optische Erscheinung eines monströsen Athleten in einem Hochglanzmagazin dazu animiert, möglichst viel Muskelmasse aufbauen zu wollen. Oder – noch viel häufiger vorkommend – man möchte seine Chancen beim weiblichen Geschlecht durch die Optik eines Adonis erhöhen. Neben diesen beiden Spitzenreitern kommt es in Einzelfällen aber auch zu dem Entschluss, schwere Gewichte zu bewegen, wenn gänzlich andere Sachverhalte vorliegen.
Ganz aktuell entstehen wieder Debatten um das Mobbing auf den gängigen Social Media Plattformen. Blickt man auf seine eigene Schulzeit zurück, wird man ohne Zweifel auch schon in Berührung mit Schikanen und daraus resultierender psychischer Belastung gekommen sein.
So zieht sich das Mobbing von der Schullaufbahn bis in die Arbeitswelt und sorgt immer wieder für negative Gefühle bei den Betroffenen. Besonders auffällig dabei ist, wie gnadenlos und unbedacht gerade Kinder ihre Altersgenossen terrorisieren.
Man könnte meinen, diese Gnadenlosigkeit ist hauptsächlich im Kinder- und Jugendalter zu erkennen, weil dort nicht über eventuelle Konsequenzen nachgedacht wird. Es könnte aber durchaus sein, dass man die Retourkutsche für seine Jugendsünden erhält, wenn man das einst gepiesackte Opfer zu einem späteren Zeitpunkt im Leben wieder trifft.
Bereits mollig geboren
Schon bei seiner Geburt ist Cheick Ahmed al-Hassan Sanou, genannt Biby, kein Winzling. Mit einem Kampfgewicht von fünf Kilogramm erblickt der Junge aus Burkina Faso im Jahr 1992 das Licht der Welt und hat schon dort mit Atemproblemen zu kämpfen.
Im Alter von fünf Jahren ist er größer als die Gleichaltrigen und weicht damit von der Norm ab. Ein gefundenes Fressen für die restlichen Kinder. So dauert es nicht lange und Cheick wird im Alter von neun Jahren das erste Mal zum Außenseiter.
Die Jungen beginnen ihn zu mobben, während ihm die Mädchen in seiner Schule kaum Beachtung schenken und eher die dünnen Klassenkameraden bevorzugen. Für den heranwachsenden Westafrikaner eine grauenvolle Erfahrung.
Ungeeignete Sportarten
Auch die sportlichen Interessen von Biby stimmen zunächst nicht mit seinem körperlichen Erscheinungsbild überein. Obwohl er die besten Voraussetzungen für jede Art von Kraftsport hat, möchte der Junge lieber Sprinter werden.
Dieser Plan löst sich in Luft auf, nachdem seine Mitschüler ihn liebevoll „Fat Boy“ taufen, weil sein kompletter Körper beim Versuch zu sprinten durch das Fett hin und her wackelt. Den Traum, irgendwann einmal ein Athlet zu sein, gibt er aber nicht auf.
Nachdem er die Sprinterkarriere abgeschrieben hat, tritt Cheick in das nächste Fettnäpfchen. Er versucht sich als Turner. Man muss kein Hellseher sein, um zu erraten, dass die Schikanen der Mitstreiter nicht lange auf sich warten ließen.
Zu diesem Zeitpunkt wiegt er im zarten Alter von 16 Jahren stolze 121 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,88 Metern.
Der Wendepunkt
Auch wenn Biby eigentlich ein umgänglicher Junge ist, wird ihm die psychische Belastung irgendwann zu viel. Als es ein weiteres Mal zu Beleidigungen und Mobbingversuchen eines Altersgenossen kommt, setzt er sich zur Wehr.
Obwohl der 121 Kilo Koloss den Jungen nur leicht wegschubsen möchte, fliegt dieser nach dem Stoß durch den ganzen Raum. Ab diesem Zeitpunkt weiß der Westafrikaner, wo seine ganz große Stärke liegt – er hat unmenschliche Kraft.
Nach zahlreichen gescheiterten Diätversuchen und zusätzlichen Kilos auf der Waage findet sich Biby im Jahr 2009 mit seiner Bestimmung ab und fängt an, seinen Körper zu akzeptieren. Zur gleichen Zeit besucht er ein College in Kanada, wo ihm auch ein Fitnessraum zur Verfügung steht.
Die Gewichte, die er dort bewegt, übertreffen die der anderen Schüler um Längen und selbst die Lehrer können mit seinen Kraftwerten nicht mithalten. Kaum verwunderlich, dass der inzwischen 15-Jährige ein Diamant für seine Coaches wird.
Beim Blick in den Spiegel sieht Biby nun nicht mehr den „Fat Boy“. Vielmehr ist er der Athlet, der er schon immer sein wollte. Er arbeitet mit Gewichten, die sonst nur professionelle Kraftsportler auf die Hantel laden.
Iron Biby
Im Jahr 2013 gewinnt der Westafrikaner seinen ersten nationalen Powerlifting-Wettkampf. Haben ihn seine Mitschüler früher noch „Fat Boy“ getauft, nennt man ihn jetzt nur noch „Iron Biby„. Heute, im Jahr 2018, hat Biby die besten Chancen, sich zukünftig eventuell „World’s Strongest Man“ nennen zu können.
Mittlerweile 172 Kilogramm schwer, beeindruckt der 24-Jährige nicht nur mit monströsen Kraftwerten, sondern mit einer ausgesprochen guten Flexibilität. Man sagt ihm nach, dass er nach dem Ziehen eines Trucks seine Leistung mit einem Purzelbaum und anschließendem Rückwärtssalto krönen könne.
In seiner Heimat ist er derweil ein gefeierter Held. Die Kinder aus Burkina Faso haben ein neues Vorbild gefunden und bewundern ihn mehr als jeden Fußballspieler dieser Welt.
Das Leben schreibt Geschichten, die man so nicht erwartet. Aus einem kleinen, übergewichtigen Jungen, der in der Kindheit wegen seiner Fettleibigkeit gemobbt wird, erwächst ein 172 Kilogramm schwerer Strongman, der die besten Aussichten auf den Titel des stärksten Manns der Welt hat. Wäre Iron Biby nicht die Frohnatur, die er ist, müssten seine ehemaligen Peiniger sich ernsthafte Gedanken über ein Wiedersehen mit ihm machen.
Quelle: madnessmedia.net/ahmed-al-hassan-sanou/
2 Anmerkungen:
1. Iron Biby ist professioneller Strongman, kein Kraftdreikämpfer.
2. Er hat tatsächlich bereits mehrfach vor Publikum einen Rückwärtssalto ausgeführt, wie z.B. bei der Giants World in Manchester 2017 zu sehen.
Danke für deine Anmerkungen :)