In unseren Zellen gibt es zwei „Sensoren“. Das ist auf der einen Seite AMPK und auf der anderen Seite mTOR. Was sie genau sind und wie sie im Detail funktionieren, ist an dieser Stelle nicht wirklich wichtig. Dafür müssten wir zu weit in den Bereich der Biochemie vordringen. Viel wichtiger ist zu verstehen, welche Aufgaben die zwei Sensoren übernehmen und wie sie uns nützlich sind, denn grundsätzlich haben beide gegenteilige Funktionen und Wirkungsweisen. Beide sind aber wichtig, wenn wir das Maximum aus unserer Muskelaufbauphase herausholen wollen!
mTOR und Proteinsynthese
mTOR steht in erster Linie in Verbindung mit der Proteinsynthese im Muskel. Also wenn mTOR stimuliert und aktiviert wird, kommt es zu einem Anstieg der muskulären Proteinsynthese. mTOR ist demzufolge mit einer der wichtigsten Faktoren, die es zu stimulieren gilt, wenn man Muskelmasse aufbauen möchte. Einen direkten Einfluss auf die mTOR Aktivität haben wir sowohl über das Training als auch über unsere Ernährung, denn in den Zellwänden unserer Muskelzellen befinden sich Rezeptoren, die auf mechanische Spannung reagieren. Das bedeutet, sie übersetzen mechanische Signale in biochemische Signale. Vereinfacht ausgedrückt: schweres Training erhöht die Spannungszustände der Muskulatur. Das nehmen die Rezeptoren wahr und leiten ein biochemisches Signal ins Zellinnere weiter, das den Neuaufbau von Muskelproteinen über eine Stimulation von mTOR anregen soll. Das Paradebeispiel für einen sogenannten „Progressive Overload“. Doch auch über die Ernährung lässt sich mTOR steigern. So reagiert mTOR zum einen auf eine gesteigerte Energiezufuhr und zum anderen auf Insulin, IGF-1 und essentielle Aminosäuren, vor allem aber Leucin. Wer also für den Muskelaufbau das Maximum aus seinem Training herausholen möchte, sollte intensiv trainieren, ausreichend essen und genug Protein zuführen.
AMPK – der natürliche Gegenspieler
Auf der anderen Seite steht AMPK, ebenfalls ein Sensor, der aber genau auf das Gegenteil reagiert, nämlich auf latenten Energiemangel und ein Defizit an Nährstoffen und Wachstumsfaktoren. Das klingt nun zunächst einmal nicht sehr produktiv für Sportler, die Muskeln aufbauen möchten. Bei genauerem Hinsehen wird aber klar, dass AMPK selbst für den Muskelaufbau nicht ganz uninteressant ist, denn durch den Energiemangel und das Anheben der AMPK Aktivität kommt es zu einer deutlichen Neubildung von Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle. Hier entsteht im letzten Schritt aus Nahrungsenergie auf aerobem Wege ATP, welches wiederum die Energiewährung der Zelle darstellt. Der Aufbau von neuen Proteinstrukturen benötigt jede Menge Energie. Wer also viel Mitochondrien hat, der wird effizienter Energie bereitstellen können und dadurch den Muskelaufbau möglicherweise indirekt fördern. Es darf also kein „entweder oder“ sein, sondern eine gute Balance aus AMPK und mTOR. Nebenbei erwähnt weißt du jetzt auch, warum zu viel Cardio deinen Muskelaufbau behindern kann, denn Cardio führt zu einem vorübergehenden Energiemangel, da währenddessen mehr Energie verbraucht wird, als derzeit zu Verfügung steht. AMPK geht daraufhin nach oben, vor allem wenn die Glykogenspeicher geleert sind, denn dieser Sensor hat einen direkten Bezug zu den Glykogenspeichern in den Muskeln.
Die optimale Balance für den Muskelaufbau
Für maximalen Erfolg solltest du versuchen, beide Energiesensoren miteinzubeziehen. Eine wirklich sehr gute Möglichkeit hierfür liegt im Intermittent Fasting, denn vorübergehende Fastenphasen erhöhen AMPK und verbessern die Mitochondriengesundheit. Post-Workout-Overfeedings (vor allem mit Kohlenhydraten und Proteinen) führen hingegen zu einer Wiederauffüllung der Glykogenspeicher, was mTOR zu Gute kommt. Für ausreichend Energie und Leucin ist dann auch gesorgt und die Wachstumsfaktoren werden dadurch ebenfalls optimiert.
Fazit
Die von Martin Berkhan entwickelte Leangains Strategie scheint also zumindest theoretisch einem Optimum zum Muskelaufbau zu entsprechen. Mit kleinen Schwächen, doch die langen Fastenphasen und die Low Calorie und Low Carb Tage an trainingsfreien Tagen optimieren die mitochondrialen Funktionen. Die Overfeeding Strategien, der hohe Proteingehalt und das schwere Training stimulieren mTOR dann zur richtigen Zeit in maximalem Ausmaß.
Wer nun auch noch jede Menge Bewegung in seine Fastenphase und vor allem an seinen trainingsfreien Tagen einbaut, kommt dem Optimum noch einmal ein Stück näher. Lediglich die reduzierte Proteinfeeding Strategie durch die langen Fastenphasen lassen natürlich anabole Reize über eine Proteinzufuhr aus. Für maximalen Muskelaufbau scheint Leangains dann vielleicht einige kleinere Einschränkungen mitzubringen. Möchte man jedoch das Beste aus den Welten Muskelaufbau und Fettabbau herausholen, ist man mit dieser Strategie in jedem Fall auf dem richtigen Dampfer!