Hast du schon einmal beim Training die Kopfhörer vergessen? Für viele stellt dies das Worst-Case-Szenario dar. Man ist nicht nur der willkürlichen Playlist des Fitnessstudios ausgesetzt, sondern muss auch das Gestöhne und „Gelaber“ der Mittrainierenden ertragen. Wie soll man sich da auf sein eigenes Training konzentrieren? Mit wenigen Ausnahmen trainieren die meisten von uns entweder mit eigener Musik auf den Ohren oder haben das Glück, die gespielte Musik mitbestimmen zu können. Die Töne, die aus den Lautsprechern und Kopfhörern kommen, schirmen uns jedoch nicht nur mental von der Umgebung ab, sie können auch unsere Trainingsleitung beeinflussen.
Man braucht wohl keine wissenschaftliche Studie, um zu wissen, dass Musik, die unserem Geschmack entspricht, das Training angenehmer macht und uns dazu motiviert, härter zu arbeiten. Manche Menschen behaupten aber, dass Musik unsere Aufmerksamkeit weg vom Muskel lenken könnte und wie wir wissen, kann die Mind-Muscle-Connection eine erhebliche Rolle beim Muskelaufbau spielen. Eine aktuelle Studie hat sich der Fragestellung angenommen und ein Experiment durchgeführt, um den Einfluss der melodischen Klänge auf das Training zu ergründen [1].
Die Studie
Die Forscher rekrutierten 24 junge, untrainierte Probanden und ließen sie jeweils drei Intervall-Sprint-Workouts durchführen. Dabei hörten sie entweder motivierende Musik, die die Forscher ausgewählt hatten, einen informativen Podcast oder gar nichts. Jeder Teilnehmer absolvierte die Trainingseinheiten in zufälliger Reihenfolge, wobei dazwischen jeweils drei Tage Pause eingehalten wurden. Die Einheiten bestanden aus drei Sprints zu je 20 Sekunden bei maximaler Geschwindigkeit mit jeweils zwei Minuten Pause zwischen den Sprints.
Während das Nichts-Hören als Kontrolle diente, bestand der Zweck des Podcasts darin, im Rahmen einer zweiten Kontrolle herauszufinden, ob das reine Hören von Stimmen und Geräuschen die Leistung beeinflusst. Als motivierende Songs dienten „Let’s Go“ von Calvin Harris, „Can’t Hold Us“ von Macklemore und „Bleed It Out“ von Linkin Park. Sicherlich trifft das nicht den Geschmack jedes Lesers, doch sind wir uns sicherlich einig darüber, dass diese drei Varianten eine große Personengruppe abdecken.
Als erhobene Messgrößen dienten:
- Das Vergnügen und die Erregung
- Die wahrgenommene Anstrengung
- Die Herzfrequenz
- Die erbrachte Leistung in Watt
Die Teilnehmer wurden ebenfalls angewiesen, ihre normalen Ernährungs- und Schlafgewohnheiten beizubehalten sowie jede Art der sportlichen Betätigung während des Studienzeitraumes zu vermeiden.
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Die Ergebnisse
Das Hören von motivierender Musik verbesserte das Vergnügen an Sprint-Workouts und steigerte die Herzfrequenz sowie die erbrachte Leistung im Vergleich zu den beiden Kontroll-Einheiten. Interessanterweise unterschied sich die Rate der wahrgenommenen Anstrengung zwischen den Methoden nicht. Mit anderen Worten: Auch wenn die Probanden imstande waren, mehr Leistung zu erbringen, fühlte es sich für sie nicht leichter an. Im Durchschnitt fühlten sich die Probanden nach den Sprints allerdings deutlich besser, wenn sie dabei motivierende Musik hörten. Die Forscher schlussfolgerten daraus, dass das Musikhören nicht nur die Leistung steigert, sondern auch das Training angenehmer macht.
Was das für uns bedeutet
Die richtige Musik hilft uns, härter zu trainieren und uns dabei besser zu fühlen. Während diese Studie lediglich anhand von kurzen Sprint-Workouts durchgeführt wurde, zeigen weitere Untersuchungen, dass das Hören von Musik die Leistung auch bei Ausdauertrainings steigern kann [2]. Zwar ist nicht klar, ob sich die Ergebnisse auch auf das Krafttraining übertragen lassen, doch dürften die meisten Leser die Antwort darauf bereits für sich persönlich kennen. Sprints und Ausdauereinheiten erfordern an sich kein großes Maß an Konzentration auf die Bewegung selbst, wohingegen sie beim Kraftsport sehr entscheidend und von Übung zu Übung unterschiedlich ist.
Musik, die du magst, die dich motiviert und die du so gut kennst, dass du mitsingen könntest, wird deine Aufmerksamkeit wohl nicht wesentlich beeinträchtigen, sondern die genannten Vorteile erbringen, ohne dass dabei deine Mind-Muscle-Connection leidet. Bei bekannten Übungen, deren Bewegungsablauf quasi schon in Fleisch und Blut übergangen ist, wird auch unbekannte Musik nicht zu maßgeblichen Nachteilen führen. Wenn jedoch sowohl die Übung als auch die Musik unbekannt sind, könnte dies tatsächlich den Fokus von der Ausführung lenken.
Wahrscheinlich ist auch das der Grund, warum manche von uns vor besonders anstrengenden Sätzen wie verrückt nach einem bestimmten Song in ihrer Playlist suchen. Daraus ergibt sich, dass informative Dinge, die ein hohes Maß an Konzentration erfordern, besser in Einheiten gehört werden, die an sich nur wenig mentale Aufmerksamkeit verlangen. Podcasts und Videos solltest du dir daher für das Cardio-Training aufsparen.
Die einzige Situation, in der man sich dazu zwingen sollte, auf Musik zu verzichten, ist, wenn man für einen Wettkampf trainiert, bei dem keine eigene Musik erlaubt ist. Wenn du dich beispielsweise auf einen Powerlifting-Wettkampf vorbereitest, bei dem keine Musik gespielt wird und du im Training trotzdem die ganze Zeit deine Lieblingssongs mit den besten Noise-Cancelling-Kopfhörern hörst, wirst du dich an diesen Fokus und an diesen Stimulus gewöhnen, der dir dann am Wettkampftag fehlen könnte.
Was die Auswahl der Musik angeht, gibt es Hinweise darauf, dass es nützlich sein könnte, den Klang je nach Trainingsart zu wählen [3]. Mit anderen Worten: Wenn du HIIT machst, solltest du eher etwas Schnelleres wählen, wohingegen etwas mit härterem Bass bei schweren Einheiten zum Tragen kommen könnte. Langsamere, melodische Töne könnten beim Steady-State Cardio angewandt werden und so weiter.
Zusammenfassung und Fazit
Die richtige Musik während des Trainings stellt ein machtvolles Werkzeug dar, das dich härter arbeiten lässt und deine Einheiten angenehmer macht. Die richtige Wahl hängt jedoch von deinen Präferenzen sowie dem Training ab, das du ausführst. Songs, die du noch nicht so gut kennst, könnten bei unbekannten Übungen die Aufmerksamkeit von der Bewegung lenken, wohingegen bekannte Songs bei eingefleischten Übungen die Motivation und den Biss steigern könnten. Informativere Dinge wie Podcasts solltest du dir dagegen für Workouts aufsparen, deren Bewegung keine oder kaum Konzentration erfordern, beispielsweise Cardio-Training.
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Primärquelle:
Armistead Legge: How Much Does Listening to Music Improve Your Workout Performance?, Legion Athletics
Literaturquellen:
- Stork, Matthew J., Costas I. Karageorghis, and Kathleen A. Martin Ginis. „Let’s Go! Psychological, psychophysical, and physiological effects of music during sprint interval exercise.“ Psychology of Sport and Exercise (2019): 101547.
- Bigliassi, Marcelo, et al. „How does music aid 5 km of running?.“ The Journal of Strength & Conditioning Research 29.2 (2015): 305-314.
- Bacon, C. J., T. R. Myers, and C. I. Karageorghis. „Effect of music-movement synchrony on exercise oxygen consumption.“ Journal of Sports Medicine and Physical Fitness 52.4 (2012): 359.