In Zeiten von Ausgangssperren, Quarantäne und Kontaktverbot aufgrund der weltweiten Ausbreitung der COVID-19-Pandemie verbringen die meisten von uns deutlich mehr Zeit in den eigenen vier Wänden. Egal ob arbeiten aus dem Home-Office oder vorübergehende Langeweile wegen Kurzarbeit, der Großteil der Bevölkerung hat aktuell mehr Zeit, sich um Dinge zu kümmern, die sonst zu kurz kommen, beispielsweise um den Schlaf. Gleichzeitig tragen wir die Sorge, selbst vom neuen Coronavirus infiziert zu werden. Aber nicht nur die Ernährung und unsere körperliche Aktivität besitzen einen Effekt auf unsere Abwehrkräfte. Deshalb beschäftigen wir uns heute mit der Frage, wie Schlaf das Immunsystem beeinflusst.
Schon zahlreiche Male haben wir hier auf Gannikus darüber berichtet, welche positiven Auswirkungen ein ausreichender und hochqualitativer Schlaf auf unseren Muskelaufbau besitzt, was wir unternehmen können, um unseren Schlaf zu verbessern und warum ein Schlafmangel unsere körperliche Leistung und den Fettabbau hemmt. Die Beziehungen zwischen Schlaf und dem Immunsystem, die wir heute besprechen werden, besitzen ebenfalls einen indirekten Einfluss auf unsere langfristigen Trainingserfolge, denn wenn wir seltener krank sind, können wir länger unterbrechungsfrei trainieren und so schnellere Fortschritte erzielen. Vorrangig soll es uns jedoch darum gehen, die Gesundheit ganz allgemein in dieser Zeit zu unterstützen.
Wir alle wissen, wie wichtig die nächtliche Regenerationsphase für unser Wohlbefinden und die Gesundheit ist. Schon nach einer Nacht mit zu wenig oder schlechtem Schlaf fühlen wir uns matt, müde und nicht leistungsfähig. Hält das Problem länger an, können ernsthafte Konsequenzen für unsere gesamte Gesundheit entstehen. Die Liste reicht von Herz-Kreislauf-Erkrankungen über Diabetes und Dickdarmkrebs bis hin zu einer höheren Sterblichkeitsrate [1]. Unser gesamter Organismus braucht den Schlaf, um sich von den Eindrücken und Belastungen des Tages zu erholen und wichtige Anpassungen vorzunehmen. Eine aktuelle Studie an der Universität Tübingen erforschte die Mechanismen, auf denen der Schlaf unser Immunsystem beeinflusst [2].
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Schlaf und seine Wirkung auf T-Zellen
Die T-Zellen tragen maßgeblich zur Abwehr eines potenziell schädlichen Stoffes bei, der in den Körper eindringt. Diese Immunzellen erkennen Pathogene wie Viren und Bakterien und aktivieren daraufhin auf ihrer eigenen Oberfläche Proteine, die es den T-Zellen erlauben, an ihr Ziel zu binden und es attackieren. Diese Proteine werden „Integrine“ genannt und die Forscher des vorliegenden Papers merken an, dass man noch nicht besonders viel darüber wissen, wie T-Zellen sie aktivieren und was dazu führen könnte, dass dieser Mechanismus gestört wird.
Um mehr darüber herauszufinden, fokussierte sich die Arbeit der deutschen Forscher auf die Gαs-Rezeptoren, die auf der Oberfläche der T-Zellen sitzen, sowie auf Stoffe, die diesen Rezeptoren aktivieren. Mann nennt sie daher auch Gαs-Rezeptor-Agonisten. Dabei handelt es sich um Moleküle, von denen viele das Potenzial besitzen, das Immunsystem zu hemmen oder zu blockieren. Mithilfe ihrer Zellstudie konnten sie einige Gαs-Rezeptor-Agonisten identifizieren, die verhinderten, dass T-Zellen ihre Integrine aktivieren können und damit die Immunantwort gegen ein Pathogen einzuleiten.
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Zu diesen Gαs-Rezeptor-Agonisten zählen die beiden natürlichen Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin, die unser Körper jeden Tag ausschüttet, die beiden entzündungsfördernden Prostaglandine E2 und D2 sowie Adenosin, ein Stoff, der im Körper bei Energieverbrauch entsteht und unserem Gehirn Müdigkeit anzeigt. Die Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass die Menge, die nötig ist, das Immunsystem zu hemmen, in vielen krankhaften Situationen wie beim Tumorwachstum, bei einer Malariainfektion, bei Sauerstoffarmut und Stress vorhanden sind. Daher könnte dieser Stoffwechselweg zu der Reduktion der Immunantwort beitragen, die in diesen Situationen auftritt.
Schlaf hilft dem Immunsystem
Während des Schlafes sinkt bekanntermaßen der Spiegel an Adrenalin, Noradrenalin und Adenosin. Aus diesem Grund gingen die Forscher einen Schritt weiter und untersuchten das Phänomen genauer am lebenden menschlichen Organismus. Sie nahmen die T-Zellen einiger freiwilliger Testpersonen, von denen einige schlafen durften und andere wach blieben. Nachdem man diese Proben analysiert hatte, sah man, dass die T-Zellen der schlafenden Personen eine höhere Aktivierung von Integrinen aufwiesen als die der Probanden, die wach blieben.
Die Autoren schlussfolgern, dass diese Ergebnisse darauf hindeuten, dass Schlaf und das Immunsystem eng verknüpft sind, und zeigen erstmals, durch welche Mechanismen diese Beziehung zustande kommt. Die nächtliche Regeneration senkt den Spiegel an Gαs-Rezeptor-Agonisten und unterstützt so die Funktion der T-Zellen, die letztendlich Erreger wie Viren und Bakterien angreifen und neutralisieren.
Wie viel Schlaf ist nötig?
In welcher Dosis-Wirkungs-Beziehung Schlaf und das Immunsystem wirklich stehen, hat eine frühere Studie aus dem Jahre 2015 versucht zu klären [3]. Man wusste bereits lange vorher um die Rolle der T-Zellen, doch war der Mechanismus über den Gαs-Rezeptor sowie dessen Agonisten zu früheren Zeitpunkten noch nicht bekannt. In dieser Studie rekrutierte man 164 gesunde, freiwillige Männer und Frauen im Alter von 18 bis 55 Jahren. Über ein Armband ermittelte man sieben Tage, wie lange die Probanden durchschnittlich pro Nacht schliefen. Anschließend verabreichte man ihnen einen Erkältungsvirus direkt in die Nase und beobachtete die Probanden in Quarantäne für weitere fünf Tage.
Fazit und Zusammenfassung
Dass Schlaf wichtig für unsere Gesundheit ist, wissen wir schon lange. Studien fanden allerdings heraus, dass die Dauer der nächtlichen Regenerationsphase maßgebliche Auswirkungen auf unsere Abwehr gegenüber Viren und anderen Krankheitserregern hat. Eine aktuelle Untersuchung an der Universität Tübingen deckte auf, dass dafür gewisse Stoffe verantwortlich sind, die unser Körper natürlicherweise jeden Tag im Wachzustand produziert. Sie senken die Fähigkeit der T-Zellen, krankheitserregende Stoffe anzugreifen. Schlaf spielt eine wichtige Rolle dabei, den Gehalt dieser Stoffe wieder zu senken und damit die Funktion der Immunzellen jede Nacht erneut anzuheben.
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Literaturquellen:
- Medic, Goran, Micheline Wille, and Michiel EH Hemels. „Short-and long-term health consequences of sleep disruption.“ Nature and science of sleep 9 (2017): 151.
- Dimitrov, Stoyan, et al. „Gαs-coupled receptor signaling and sleep regulate integrin activation of human antigen-specific T cells.“ Journal of Experimental Medicine 216.3 (2019): 517-526.
- Prather, Aric A., et al. „Behaviorally assessed sleep and susceptibility to the common cold.“ Sleep 38.9 (2015): 1353-1359.