Dass die Olympischen Spiele vom Rennradfahren bis zum Tontaubenschießen ein Sündenpfuhl voller gedopter Athleten sind, ist längst kein Geheimnis mehr. Unter den diskutierten Lösungsvorschlägen findet sich auch immer wieder die Forderung, Doping einfach für alle freizugeben. Ein australischer Geschäftsmann will nun mit den „Enhanced Games“ Spiele aus der Taufe heben, bei denen genau diese Reform zum Tragen kommen soll.
Das sind die „Enhanced Games“
Vater der Idee ist der aus Melbourne stammende Tech-Unternehmer und Investor Aron D’Souza. Die Enhanced Games entstehen in einer Zusammenarbeit aus ehemaligen und gegenwärtigen Olympioniken, Ärzten und Wissenschaftlern. Geplant ist ein sportliches Festival, bei dem ausdrücklich keine Dopingkontrollen stattfinden, sodass jeder Teilnehmer in seiner Entscheidung für oder gegen unterstützende Mittel völlig frei ist.
„Sportler sind Erwachsene … und sie haben das Recht, mit ihrem Körper zu machen, was sie wollen – mein Körper, meine Entscheidung“, so D’Souza. Er sei neugierig auf die wirklichen Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit und sieht schon Schallmauern, wie die neun Sekunden im 100-Meter-Sprint fallen.
Bereits 2024 eine Umsetzung?
Ein weiteres Argument für ungetesteten Sport lautet, dass große Summen an Steuergeldern für Antidopingagenturen ausgegeben werden, die nichts anderes bewirken würden, als den PED-Gebrauch in den unkontrollierten Untergrund zu zwingen. Die Ressourcen seien viel besser in die Forschung und insbesondere in die Anti-Aging-Forschung investiert.
Die Enhanced Games sollen schon im Dezember 2024 das erste Mal ausgetragen werden und damit eine Gegenbewegung zu den Olympischen Spielen in Paris darstellen. Der Austragungsort steht noch nicht fest. D’Souza verspricht jedoch, dass aufgrund der Abkehr vom Gigantismus und der Reduktion auf einige wenige Tausend Athleten die Kosten des Gastgebers überschaubar bleiben werden.
Die geplanten Disziplinen
Geplant sind zunächst nur Wettkämpfe in den Disziplinen Leichtathletik, Schwimmen, Gewichtheben, Turnen und Kampfsport, darunter auch populäre und bislang nicht-olympische Disziplinen wie MMA. Zudem sollen die Games nicht im üblichen vier-Jahres-Turnus, sondern jährlich stattfinden.
Mit den ungetesteten Spielen will der promovierte Jurist auch ein finanzielles Alternativmodell anbieten. Olympia in seiner jetzigen Form würde Steuerzahler und Athleten ausbeuten und die milliardenschweren Einnahmen in die Taschen der korrupten IOC-Funktionäre spülen. Die Enhanced Games werden von der privaten und gewinnorientierten Enhanced Ltd. getragen. Wer an den Spielen teilnimmt, wird gleichzeitig Anteilseigner an der Gesellschaft und soll somit die Chance bekommen, mit dem Sport perspektivisch ein Vermögen aufzubauen. Auch sollen leistungsabhängige Prämien ausgezahlt werden.
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Kritik an den Enhanced Games
Mit Gegenwind hatte D’Souza natürlich schon gerechnet – und der folgte wie bei jeder revolutionären Idee auf dem Fuße. Vor allem die Mitglieder der von ihm, in Teilen gewiss zurecht, so verachteten nationalen und Internationalen Olympischen Komitees warnen vor den gesundheitlichen Gefahren ungetesteten Leistungssports.
Andere Kritiker unterstellen dem Unternehmer schlicht Profitgier. Das Argument hat dieser aber schon entkräftet – ginge es nur um das Geld, würde er in seiner vertrauten hochprofitablen Umgebung im Silicon Valley bleiben. Noch befindet sich D‘Souza auf Investorensuche und soll alle bisherigen Kosten des Projekts aus eigener Tasche gezahlt haben.
Was hat das mit dem Bodybuilding zu tun?
Bodybuilding-Fans sollten bei jeder Diskussion um neue Umgangsformen mit der Dopingproblematik hellhörig werden. Schließlich hat sich unser Sport hier von anderen Disziplinen schon lange abgekapselt und geht seine eigenen Wege.
Die Aufteilung der Wettkampflandschaft in – wenn auch nur ungeschrieben – ungetestete und naturale Verbände ist sicherlich ein Modell, das allen anderen Sportarten zumindest einen Blick wert sein sollte. Schließlich werden hierdurch sowohl die Grenzen des Machbaren ausgelotet als auch Angebote für Athleten gemacht, die ohne die hohen gesundheitlichen Risiken und Kosten des Dopings an Wettkämpfen teilnehmen wollen. Bodybuilding, so schlecht sein Ruf auch sein mag, schafft in dieser Hinsicht wahrhaft faire Bedingungen.
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Die Bestrebungen, in das Programm der Olympischen Spiele aufgenommen zu werden, werden von den Verantwortlichen des Bodybuilding schon lange nicht mehr verfolgt. Der Hauptgrund für ihr Scheitern waren, neben der Subjektivität der Bewertung, die Bedenken des IOC angesichts der starken Verbreitung von PEDs im Sport, die ein wasserdichtes Testen unmöglich machen würden. Die Enhanced Games könnten eine zweite Chance darstellen, das Bodybuilding einer weltweiten Öffentlichkeit vorzustellen.
Bislang steht eine Aufnahme in den Plan der ungetesteten Spiele aber noch nicht zur Diskussion. Angesichts der Faszination ihres Gründers für quantifizierbare Leistungen scheint dies auch zukünftig nicht besonders wahrscheinlich. Ohnehin bleibt erst einmal abzuwarten, ob das sehr ambitionierte Projekt überhaupt jemals das Licht der Welt erblicken wird.
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