Es ist definitiv kein leichtes Unterfangen, den amtierenden Mr. Olympia vom Thron zu stoßen. Das zeigt allein ein kurzer Schwenker in die Vergangenheit des professionellen Bodybuildings. Nicht nur aus Zufall gab es mit Arnold Schwarzenegger, Lee Haney, Dorian Yates und Ronnie Coleman gleich mehrere Athleten, die ihren Titel sechs und mehr Jahre erfolgreich verteidigen konnten. In die Riege dieser Champions reihte sich auch Phil Heath ein, indem er sieben Sandows in Folge mit nach Hause nahm. An das Szenario, dass ihn tatsächlich ein hungriger Konkurrent ablösen konnte, schien weder „The Gift“ selbst noch ein Großteil der zahlreichen Zuschauer wirklich in Betracht gezogen zu haben!
Als Shawn Rhoden auf der Pressekonferenz zum Mr. Olympia 2018 zum Angriff ausholte, blickte Phil Heath gelangweilt in die andere Richtung. Unter anderem ließ „Flexatron“ verlauten, dass er jeden Athleten Pose für Pose studiert und demzufolge seine Hausaufgaben gemacht habe. Ohnehin solle man sich nicht auf die Bühne stellen, wenn man nicht fest davon überzeugt sei, am Ende als Sieger die Bühne zu verlassen. In diesem Zusammenhang bestätigte der 43-Jährige zudem das, was er bereits in einem Interview auf dem YouTube Kanal von Jay Cutler von sich gegeben hatte, nämlich dass er dem siebenmaligen Champion überlegen sei.
In seiner Antwort auf die offensive Marschroute seines Kontrahenten hielt sich Phil Heath kurz. Der US-Amerikaner gab zu verstehen, dass man im Vorhinein viel sagen könne, schlussendlich aber auf die Worte auch Taten folgen müssten. Unter dem Strich würde Shawn Rhoden hinter der Bühne erneut wie „Eeyore“ dreinschauen. Zu diesem Zeitpunkt war der damalige Champion demnach noch fest davon überzeugt, seine achte Sandow zu gewinnen. Dass die Endergebnisse ein wenig anders aussahen, dürfte sich mittlerweile zur Genüge herumgesprochen haben.
Um den Affront von Phil Heath zu verstehen, muss man sich etwas in der englischen Bezeichnung von Figuren aus Kinderbüchern auskennen. Mit „Eeyore“ ist niemand anderes gemeint als „I-Aah“, der Esel aus Winnie Puuh. Der siebenmalige Mr. Olympia warf seinem Top-Konkurrenten also vor, jedes Jahr wiederholt im Backstage-Bereich denselben Blick voller Angst und Pessimismus aufzulegen. Shawn Rhoden zeigte sich allerdings unbeeindruckt, brachte seine bislang beste Form überhaupt auf die Bühne und krönte sich so verdient zum Sieger.
Hier hört die Geschichte aber noch nicht auf, denn vollkommen vergessen hat der derzeitige Champion den Seitenhieb von Phil Heath offensichtlich nicht. Zu Halloween besuchte Shawn Rhoden gemeinsam mit Frau und Töchterchen den Times Square in New York und erschien in passender Verkleidung.
Die Rhodens hatten sich jeweils eine Figur aus Winnie Puuh ausgesucht und dementsprechend verkleidet. Mama Michelle wurde zu Ferkel, Tochter Cora Capri verwandelte sich in Tigger und Papa Shawn ging – wie sollte es anders sein – als Esel „I-Ahh“. Im Nachhinein kann der neue Mr. Olympia das Ganze augenscheinlich mit Humor nehmen, doch die kleine Retourkutsche in Richtung Phil Heath ließ er sich dennoch nicht nehmen.
Dass Phil Heath ihn auf der Pressekonferenz zum Mr. Olympia 2018 angriff und als „Eeyore“ bezeichnete, dürfte Shawn Rhoden nachträglich nicht wirklich belasten. Schließlich kann er als amtierender Champion erhaben über derartigen Aussagen stehen. Trotzdem nutzte der gebürtige Jamaikaner das diesjährige Halloween, um seinem Konkurrenten eine kleine, wenn auch deutliche Botschaft zu übersenden. Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass „The Gift“ nun in Zukunft auf ähnliche Sticheleien verzichten wird!