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Wie wirkt sich das Dehnen vor dem Training auf die Kraft und den Muskelaufbau aus?

Auch wenn es viele von uns sicherlich vernachlässigen, steht außer Frage, dass das Stretching unseres aktiven Bewegungsapparates positive Effekte auf unsere Mobilität und die muskuläre Gesundheit haben kann. Studien fanden jedoch heraus, dass das Dehnen vor dem Training ebenso negative Folgen für unsere Kraft und den Muskelaufbau mit sich bringen kann. Doch wie immer sollten wir diese Daten nicht in Schwarz/Weiß betrachten, denn wie immer scheint die Dosis das Gift zu machen. 

Viele von unseren Lesern werden wissen, dass statisches Dehnen vor dem Training die Kraft in den nachfolgenden Übungen beeinträchtigen und sogar den Muskelaufbau reduzieren kann [2, 3]. Ende der Diskussion, richtig? Nicht so schnell. Die meisten von uns werden die gedehnte Position nicht besonders lang halten und gehen auch nicht besonders intensiv in die Dehnung hinein. Sie versuchen stattdessen eher, ihre Muskeln vor dem Workout ein wenig zu lockern und vorzubereiten. Wenn wir uns im Gegensatz dazu jedoch die besagten Studien ansehen, dann bemerken wir, dass die Probanden dort die Dehnung für 60 bis 90 Sekunden gehalten haben, die Dehnungen sehr intensiv waren oder beides gleichzeitig [2, 3, 4].

Dies spiegelt aber nicht das Programm wider, dass die meisten Freizeitsportler vor ihrem Training absolvieren. Daher machte es sich eine aktuelle Untersuchung zur Aufgabe, diese Lücke zu füllen [1]. Dabei ließ man drei Gruppen über acht Wochen ein Beinbizeps-Training absolvieren und vorher entweder kein Stretching, dynamisches Stretching oder statisches Stretching ausführten. Jede Dehnung wurde 20 Sekunden lang und bei einer repräsentativen und angemessenen Intensität ausgeführt.

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Die Studie

Für die Untersuchung rekrutierten die Forscher 45 junge, männliche Freizeitsportler, die in den sechs Monaten vor der Intervention kein Krafttraining ausführten.

Sie wurden in drei Gruppen aufgeteilt:

  • Gruppe 1: statisches Dehnen vor dem Training
  • Gruppe 2: dynamisches Dehnen vor dem Training
  • Gruppe 3: kein Dehnen vor dem Training

Alle Gruppen absolvierten das gleiche Trainingsprotokoll, welches zweimal pro Woche ausgeführt wurde. Dieses bestand aus vier Sätzen sitzendem Beinbeuger mit zehn bis zwölf Wiederholungen bis zum Muskelversagen und 90 Sekunden Pause zwischen den Sätzen. Vor sowie nach den acht Wochen wurde die isometrische Kraft der Probanden bei der Beugung des Knies mithilfe eines Dynamometers gemessen. Die Dicke des Muskels haben die Forscher anhand einer Ultraschalluntersuchung analysiert.

Gruppe 1 und 2 absolvierten vor dem Training ein Programm aus jeweils zwei Sätzen von zwei verschiedenen Dehnübungen. Jede dynamische oder statische Dehnung dauerte 20 Sekunden gefolgt von 15 Sekunden Pause. Das gesamte Dehnprogramm dauerte also nur ein wenig länger als zwei Minuten, wovon 80 Sekunden aktiv in der Dehnung verbracht wurden. Die Dehnübungen in Gruppe 1 umfassten ein gestrecktes Bein. In der ersten Übung wurde das gestreckte Bein in einer stehenden Position angehoben und in der zweiten Übung im Sitzen. In Gruppe 2 wurde das Bein im Stehen nach vorn geschwungen und in der zweiten Übung nach vorn gekickt, wobei die Hüfte eine Beugung von 90 Grad beibehielt.

Statisches Dehnen vs. Dynamisches Dehnen
Gruppe 1 und 2 absolvierten ein Dehnprogramm. Oben: die statischen Dehnübungen, unten: die dynamischen Dehnübungen [1]
Wichtig dabei anzumerken ist, dass die Dehnübungen mit einer moderaten Intensität durchgeführt wurden. Auf einer Skala von null bis zehn, wobei eine Null kein Schmerz und eine Zehn starke Schmerzen repräsentieren, sollten die Teilnehmer eine Fünf erreichen.

Die Ergebnisse

Die maximale Kraft sowie der Muskelaufbau und das Trainingsvolumen entwickelte sich in allen Gruppen gleich stark, ohne einen statistisch signifikanten Unterschied.

Dehnen vor dem Training.
Nach Ablauf der achtwöchigen Intervention zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. [1]

Interpretation der Daten

Noch vor 15 Jahren war der Glauben sehr verbreitet, dass das Dehnen vor dem Training ein essenzieller Teil des Warm-ups wäre, wohingegen in den letzten fünf Jahren eine regelrechte Hysterie darüber ausgebrochen ist, dass diese Maßnahme sogar schädlich sei. Die weiter oben angesprochenen Studien deuteten darauf hin, dass insbesondere das statische Dehnen die Kraft im Training beeinträchtigen kann und so wurde es quasi über Nacht zum Bösewicht. Aber wie so oft sind es die Details, die entscheidend sind. Zunächst ist zu sagen, dass eine akute Beeinträchtigung der Kraft nach dem Dehnen nicht zwangsweise bedeutet, dass wir langfristig weniger Kraft oder Muskelmasse aufbauen. Des Weiteren spiegeln die Dehnprogramme in diesen Untersuchungen, wie bereits angesprochen, nicht unbedingt das Dehnen vor dem Training wider, wie es die meisten von uns praktizieren.

Als das statische Dehnen durch diese Studien in Verruf geraten ist, kam immer mehr die Idee des dynamischen Dehnens auf, da es ein geringeres Maß an akuten Beeinträchtigung zeigt. Allerdings gab es bisher keine Untersuchungen darüber, wie dynamisches Dehnen die langfristigen Trainingserfolge beeinflusst. Deshalb zeigt uns die vorliegende Studie, dass man kurzzeitigen Studien, die lediglich stellvertretende Marker erheben, nie zu viel Stellenwert einräumen sollte. Es ist zwar kein schlechter Gedankengang, dass eine akute Beeinträchtigung der Kraft direkt nach dem Training durch das Dehnen die langfristigen Adaptationen hemmen könnte, doch müssen dies langfristige Studien wie diese immer erst beweisen.

Bringen wir die Ergebnisse also in den Kontext. Man kann das Dehnen vor dem Training sicherlich übertreiben, besonders das statische Dehnen. Eine der einleitend genannten Studien zeigte einen Rückgang des Muskelaufbaus im Quadrizeps, wenn der Oberschenkel vor dem Training auf einer Skala von null bis zehn mit einer Acht gedehnt wurde [3]. Allerdings zeigen andere Daten, dass ein moderates Dehnen zwischen den Sätzen die Hypertrophie sogar steigern könnte [5]. In der vorliegenden Studie zeigte das moderate Dehnen vor dem Training keinen signifikanten Einfluss [1].

Zum aktuellen Zeitpunkt scheint es demnach plausibel, dass wir nicht auf das Dehnen vor dem Training als Teil unseres Warm-ups verzichten müssen. Aber wir sollten es eher als Lockerung der Muskulatur ansehen und nicht so intensiv gestalten, dass es uns ernsthafte Schmerzen bereitet. Dabei scheint es laut der aktuellen Untersuchung keinen Unterschied zu machen, ob es sich dabei um statisches oder dynamisches Dehnen handelt.

Dennoch müssen wir den Kontext dieser Studien im Auge behalten. Sie alle untersuchten die Kraft und Hypertrophie anhand von ziemlich simplen Übungen. Es ist wahrscheinlich, dass sich das dynamische Dehnen besser als generelles Warm-up vor komplexen Übungen oder Trainingseinheiten eignet. Moderates statisches Dehnen wird jedoch auch nicht schaden und könnte zwischen den Sätzen sogar hilfreich sein. Wie wir in einem vorherigen Artikel über die effiziente Nutzung der Satzpausen dargestellt haben, zeigten Untersuchungen auch, dass das Dehnen der antagonistischen Muskelgruppe die Regeneration zwischen den Sätzen verbessern kann.

Wie man seine Satzpausen optimal für die Trainingsleistung ausnutzt!

Beim Thema Satzpausen gehen die Meinungen und Ansätze an sich bereits weit auseinander. Während die einen eher kurze Pausen zwischen den Sätzen einer Übung bevorzugen, schwören andere darauf, der Muskulatur lieber etwas mehr Zeit zu geben, um sich vom vorherigen Satz ausreichend zu erholen. Solange man nicht das gesamte Training damit verbringt, Zirkel oder Supersätze […]

Weiterhin sollten wir beachten, dass sich die Effekte von statischem Dehnen vor dem Training nach etwa zehn bis 20 Minuten in der Regel neutralisiert haben [6, 7]. Dies könnte vorteilhaft sein, wenn man sich schnell den Zugang zu einer größeren Range of Motion verschaffen möchte, beispielsweise wenn man denkt, dass der Beinbeuger zu steif ist und so den Bewegungsradios beim Kreuzheben mit gestreckten Beinen einschränkt. Dazu könnte man ein leichtes Gewicht verwenden und die Muskelgruppe statisch oder dynamisch vor einem Satz aufdehnen und anschließend einen Arbeitssatz durchführen. Dies könnte man dann einige Male wiederholen bis der gewünschte Bewegungsradius erreicht ist.

Sobald man diese neue Range of Motion innerhalb des Arbeitssatzes unter Last bewältigen kann, kann sie mit der Zeit zu dem Bewegungsradius werden, den man auch ohne vorheriges Dehnen erreichen kann. So muss man nicht zwangsweise weiterhin vor dem Training dehnen, solange man die Übung regelmäßig ausführt. Es wird allerdings auch nicht schaden, weiterhin an seiner Mobilität zu arbeiten.

Fazit und Zusammenfassung

Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass intensives Dehnen vor dem Training die Kraft und Hypertrophie akut sowie langfristig beeinträchtigen kann. Allerdings entspricht die dabei verwendete Dauer und Intensität nicht dem, was wir in der realen Welt am häufigsten vorfinden. Solange das Stretching im moderaten Umfang bleibt und eher als Lockerung und Vorbereitung der Muskulatur für das Training gesehen wird, scheint es keine negativen Auswirkungen zu besitzen. Wahrscheinlich bietet es im Durchschnitt auch keine besonderen Vorteile, aber wenn du dich damit besser fühlst, dann spricht auch nichts dagegen. Wenn du dagegen intensiv dehnen möchtest, um deine Beweglichkeit zu verbessern, dann solltest du vielleicht einige Stunden Abstand zum Krafttraining lassen.

https://www.instagram.com/p/B7yTGDioW1P/


Primärquelle:
Greg Nuckols: „“Normal” Pre-Training Stretching: The Hysteria is Overblown“, Monthly Applications in Strength Sport (MASS), Volume 3, Issue 11

Literaturquellen:

  1. Ferreira-Júnior JB, Benine RPC, Chaves SFN, Borba DA, Martins-Costa HC, Freitas EDS, Bemben MG, Vieira CA, Bottaro M. Effects of Static and Dynamic Stretching Performed Before Resistance Training on Muscle Adaptations in Untrained Men. J Strength Cond Res. 2019 Sep 17.
  2. Behm DG, Blazevich AJ, Kay AD, McHugh M. Acute effects of muscle stretching on physical performance, range of motion, and injury incidence in healthy active individuals: a systematic review. Appl Physiol Nutr Metab. 2016 Jan;41(1):1-11.
  3. Junior RM, Berton R, de Souza TM, Chacon-Mikahil MP, Cavaglieri CR. Effect of the flexibility training performed immediately before resistance training on muscle hypertrophy, maximum strength and flexibility. Eur J Appl Physiol. 2017 Apr;117(4):767-774.
  4. Kataura S, Suzuki S, Matsuo S, Hatano G, Iwata M, Yokoi K, Tsuchida W, Banno Y, Asai Y. Acute Effects of the Different Intensity of Static Stretching on Flexibility and Isometric Muscle Force. J Strength Cond Res. 2017 Dec;31(12):3403-3410.
  5. Evangelista AL, De Souza EO, Moreira DCB, Alonso AC, Teixeira CVS, Wadhi T, Rauch J, Bocalini DS, Pereira PEA, Greve JMD. Interset Stretching vs. Traditional Strength Training: Effects on Muscle Strength and Size in Untrained Individuals. J Strength Cond Res. 2019 Jul;33 Suppl 1:S159-S166.
  6. Mizuno T, Matsumoto M, Umemura Y. Viscoelasticity of the muscle-tendon unit is returned more rapidly than range of motion after stretching. Scand J Med Sci Sports. 2013 Feb;23(1):23-30.
  7. Ryan ED, Beck TW, Herda TJ, Hull HR, Hartman MJ, Costa PB, Defreitas JM, Stout JR, Cramer JT. The time course of musculotendinous stiffness responses following different durations of passive stretching. J Orthop Sports Phys Ther. 2008 Oct;38(10):632-9.
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