Hat man als Anfänger irgendwann den Mut gesammelt, um sich im Fitnessstudio anzumelden und sich umgeben von schweren und breiten Jungs auf das Spielfeld – beziehungsweise in den Hantelbereich – zu bewegen, ist die erste Hürde genommen. Schnell wird man merken, dass die Männer, die durch ihre riesigen Muskeln so angsteinflößend wirken, gar nicht so böse sind wie sie aussehen. Weil man selbst noch keine Erfahrung im Bodybuilding hat, glaubt man natürlich an die Prinzipien, die von den bereits trainierten Athleten gepredigt werden. Das ist grundsätzlich nicht negativ, solange man auf einen Sportler mit Fachwissen trifft. Es gibt aber auch Hobbypumper, die wenig Ahnung von der Materie haben und Illusionen erzeugen.
Ohne eigene Erfahrung auf einem Gebiet ist man immer auf Personen angewiesen, die im besten Fall bereits Spezialisten sind, sich mindestens aber mit den grundlegenden Dingen beschäftigt haben.
Gerade der Kraftsport ist aber ein Sammelbecken für Egozentriker, die in vielen Fällen noch nie einen anständigen Trainings- und Ernährungsplan verfolgt haben, dafür aber genau wissen, wie man injiziert, ohne einen Nerv zu treffen. Dank medikamentöser Unterstützung erzeugen sie die Illusion zu wissen, wie man erfolgreich trainiert.
Insgesamt geht es im Bodybuilding zum Großteil nur um Illusionen. Winzig kleine Gelenke, Muskelbäuche wie im Cartoon und ein extrem niedriger Körperfettanteil lassen den Körper in einem besonderen Bühnenlicht extrem ästhetisch erscheinen.
Illusionen setzen sich im Bodybuildinglifestyle fest und werden oft durch diverse Hochglanzmagazine oder Social Media Kanäle verstärkt. Tweets und Posts verleiten dazu an Dinge zu glauben, die nicht der Realität entsprechen. Denkt man genauer über einige Behauptungen nach, sind sie nur Schall und Rauch.
Als Trainingsanfänger erscheint es sinnvoll, auf einige Illusionen vorbereitet zu sein und sie vom Start an in die Schublade der Märchen zu verbannen.
#1 – Schwerer ist immer besser!
Selbst wenn man den Anfängerstatus verlassen und sich dazu entschieden hat, als Junior im Amateuerbodybuilding teilzunehmen, ist man weiterhin Umgeben von Illusionen. Diese Klassen sind frei von Gewichtsbeschränkungen. Wechselt man dann in die Klassen, die ein gewissen Gewicht voraussetzen, kommt es oft zu einer gewissen Nervosität.
Viele Athleten hassen es, vor dem Wiegen unwissend umherzulaufen, um darauf zu warten, endlich bei der Vermessung an der Reihe zu sein. Verpackt in einem Pullover fühlen sie sich zu diesem Zeitpunkt als leichtester und schmalster Sportler im ganzen Raum.
Erst mit steigender Erfahrung erkennt man, dass in den meisten Fällen die Person, die am schmächtigsten bei der Einwaage erscheint, auf der Bühne das Potenzial zu etwas ganz Großem hat.
Aus diesem Grund ist die Annahme, dass schwerer und größer automatisch immer besser bedeutet, falsch. Vielmehr gewinnt der Athlet, der die größte Illusion erzeugen kann.
#2 – Harte Arbeit wird angemessen vergütet!
Im Bodybuilding arbeitet man nicht nach Stechuhr. Es ist nicht so, dass man erwarten kann, einen gewissen Aufwand in den Sport zu stecken, um in gleichem Ausmaß dafür entlohnt zu werden.
Blickt man auf die monetäre Entlohnung, ist die Rendite für seine Opfer verschwindend gering. Grundsätzlich wird man mit dem Sport kein Millionär werden, wenn man nicht gerade zur Elite beim Mr. Olympia gehört. Das ist auch vollkommen in Ordnung, solange man nicht die Zukunft seiner Kinder für den Sport aufs Spiel setzt.
Die Entlohnung für die schweißtreibenden Einheiten im Studio erfolgt auf eine andere Art und Weise. Harte und disziplinierte Arbeit bildet Charakter. Gerade Wettkampfathleten, die trotz harter Arbeit auf der Bühne verlieren und es danach schaffen, mit der Niederlage umzugehen, strotzen vor Integrität und Bescheidenheit.
So kann ohne Zweifel behauptet werden, dass die Belohnung für Beständigkeit im Bodybuilding nicht auf monetärer, sondern auf charakterlicher Ebene erfolgt.
#3 – Vergangene Erfolge haben dauerhaften Bestand!
Angenommen, ein Athlet hat sich im Jahr 2006 in den Top 5 platziert und damit einen bis dahin unbekannten Kai Greene um zehn Plätze geschlagen. Kann dieser Athlet dauerhaft behaupten, dass er einen Kai Greene zukünftig erneut jederzeit schlagen könnte?
Höchstwahrscheinlich würde er einige Jahre später nicht einmal mehr in der gleichen Liga wie die heutige Legende aus Brooklyn spielen. Trotzdem hört man so ziemlich jeden IFBB Pro immer wieder davon erzählen, welche Erfolge er in der Vergangenheit zu verzeichnen hatte.
Dabei wird vergessen, dass vergangene Siege nicht die heutige Realität widerspiegeln. Diese Denkweise findet sich auch in vielen Studios wieder. So gibt es in jedem Gym mindestens einen alten Hasen, der immer noch erzählt, wie er 1980 über 200 Kilogramm auf der Bank drücken konnte.
Es klingt simpel, aber viele Trainierende leben entweder in der Vergangenheit oder aber in der Zukunft. Warum? Höchstwahrscheinlich ist die heutige Gesellschaft darauf gepolt zu glauben, dass Dinge in der Vergangenheit besser waren oder in der Zukunft besser werden.
Das Problem dabei ist, dass vergessen wird, im Heute zu leben. Die Zukunft kommt nie so, wie man es erwartet. Aus diesem Grund muss auch im Bodybuilding jeder Tag genossen werden.
#4 – Jeder hat das Zeug zum Bodybuilder!
Viele der heutigen Posts auf Instagram, Facebook & Co. zielen darauf ab, zu motivieren. Immer wieder wird behauptet, dass jeder Sportler sein Ziel erreichen kann, wenn er nur hart genug dafür arbeitet und Opfer bringt.
Wenn das Becken aber breiter ist als das Schlüsselbein, kann man noch so aufopferungsvoll trainieren und wird trotzdem nie den Traum vom Mr. Olympia erreichen.
Die Wahrheit kann oft schmerzvoll sein. Wenn man sich aber damit abgefunden hat, kann die Akzeptanz befreiend wirken. Einmal realisiert, dass nicht jeder Hobbysportler die besten Voraussetzungen für das Bodybuilding hat, kann die Illusion aufgegeben werden, dass es dort draußen die magische Pille, den goldenen Trainingsplan oder die beste Ernährungsform gibt.
Natürlich bedeutet das nicht, dass man die Flinte ins Korn werfen muss. Was definitiv stimmt ist, dass jede Person durch den Kraftsport die Möglichkeit bekommt, die beste Version seiner selbst zu werden. Selbst mit bescheidenen Voraussetzungen werden harte Arbeit und Beständigkeit dafür sorgen, dass man weit über dem Durchschnitt liegt.
#5 – Im Bodybuilding muss schweres Gewicht bewegt werden!
Die Annahme, dass unglaublich schwere Gewichte auf der Langhantel Platz finden müssen, damit man auch nach einem Bodybuilder aussieht, hält sich weiterhin hartnäckig in vielen Köpfen.
Wie schon erwähnt, lebt das Bodybuilding aber von Illusionen. Es geht nicht darum, wie viel Gewicht man bewegen kann, sondern darum, dass man so aussieht, als ob man viel Gewicht bewegen kann.
Wenn man auch durch intelligentes Training mit leichten Gewichten muskulös werden kann, wieso sollte man dann seine Gelenke durch exorbitant hohes Arbeitsgewicht belasten?
Wer daran interessiert ist, dauerhaft persönliche Rekorde aufzustellen, sollte sich überlegen, ob er nicht lieber Powerlifter werden will. Im Bodybuilding zählen eher die Zentimeter, gemessen von einem Maßband, als die Kilogramm auf der Langhantel.
Immer wieder stochern Anfänger im Nebel, weil sie sich an veralteten Glaubenssätzen und Illusionen orientieren. Teilweise halten sich Gedanken so hartnäckig, dass sie selbst im Laufe langer Trainingskarrieren nie abgelegt werden können. Nimmt man sich aber die Zeit und blickt von Außen auf verschiedene erfolgreiche Sportler und Karrieren, wird man feststellen, dass das Bodybuilding zu einem Großteil aus Schall und Rauch besteht und man einige Denkweisen über Bord werfen sollte.
Quelle: elitefts.com/education/training/five-bodybuilding-illusions-amateurs-need-to-ditch/