Was bringt Muskeln eigentlich zum Wachsen? Darüber wird viel und immer wieder diskutiert. Bisher ging man davon aus, dass es vor allem drei Parameter sind, die man beeinflussen kann, um ordentlich Muskulatur aufzubauen:
- Mechanische Belastung
- Mikrotraumatisierung
- Metabolischer Stress
Doch kann man das heute wirklich noch so unterschreiben? Oder sind wir gegebenenfalls vollkommen auf dem Holzweg? Diese Frage haben wir uns gestellt und selbstverständlich Antworten für dich gefunden. Beginnen wir jedoch in umgekehrter Reihenfolge!
Der metabolische Stress
Ein Training für maximalen metabolischen Stress lässt sich vor allem so beschreiben: Viele Wiederholungen, wenig Gewicht. Bis der Muskel eben richtig brennt. Die Anhäufung von Stoffwechselmetaboliten und die Veränderung des pH-Werts im Muskel werden oft als Indikator für metabolischen Stress zum Muskelaufbau angeführt.
Das dies nicht völlig an den Haaren herbeigezogen ist, dürfte unbestritten sein. Ansonsten wäre es eher unwahrscheinlich, dass ein Blood Flow Restriction Training bei trainierten Personen mit unter 30 Prozent des 1RM überhaupt zum Muskelaufbau führen kann. Aber genau das macht es, zumindest bis zu einem bestimmten Punkt.
Dennoch: Wenn der metabolische Stress derart effektiv zum Aufbau von Muskelmasse wäre, warum entspringen dann aus den typischen „Pump Kursen“ im Fitness Studio nicht die gewaltigsten Bodybuilder? Denn hier geht es wirklich maximal darum, Vollgas zu geben und die Muskulatur zum Brennen zu bringen.
Oder Kampfsportler. Schon einmal 5×5 Minuten MMA gemacht? Hier brennt der ganze Körper. Den Körper eines Bodybuilders bekommt man aber eher nicht. Der metabolische Stress muss also vielleicht spezifischer erzeugt werden.
Tatsächlich, schaut man sich Light Load Studien genauer an, fällt auf, dass die Probanden grundsätzlich bis ans Extrem gefordert, sprich voll ausbelastet werden. Bis wirklich nichts mehr geht. Fraglich, ob das so dauerhaft im Studio alleine umgesetzt werden kann!?
Bringen Pump-Sets und Co. demnach gar nichts? Doch, aber wahrscheinlich weniger aus dem reinen Sinne der metabolischen Belastung heraus, wie du im Teil zur mechanischen Belastung noch genauer erfahren wirst.
Die Mikrotraumatisierung
Unter Mikrotraumatisierung versteht man „Muscle Damage“. Hier kommt es zu kleinen Mikroverletzungen der Muskulatur. Daraufhin bilden sich Entzündungen aus, die man unter anderem als Muskelkater wahrnimmt.
Die allgemeine Meinung ist, dass diese Mikrotraumatisierungen notwendig sind, denn der Muskel repariert in Folge derartiger Mikrotraumatisierungen nicht nur den beschädigten Gewebebereich wieder, sondern baut auch gleichzeitig noch eine „Schutzschicht“ zusätzlich auf, damit ähnliche Belastungen in Zukunft nicht erneut zu Verletzungen führen.
Auch hier: Das ist korrekt. Die Frage ist nur, welche Rolle spielt die Mikrotraumatisierung selbst bei diesem Prozess. Neueren Untersuchungen zufolge eine untergeordnete. Es kommt tatsächlich zu einer starken Steigerung der Muskelproteinsynthese. Doch das ist in diesem Fall kein direktes Indiz für den Mehraufbau an Muskelmasse. Es handelt sich demzufolge nicht grundsätzlich um Hypertrophie, sondern in erster Linie um Reparatur.
Du siehst, es deutet immer mehr darauf hin, dass die mechanische Belastung die wichtigste Rolle beim Muskelaufbau spielt.
Trotzdem führen schwere exzentrische Wiederholungen zu einer starken Aktivierung von Satellitenzellen. Das bedeutet, der Muskel enthält mehr DNA und ist zu mehr Proteinsynthese in der Lage. Eine Mikrotraumatisierung muss schlichtweg in Kauf genommen werden, um die Voraussetzungen für neues Muskelwachstum zu setzen.
Die mechanische Belastung
Kommen wir nun zum wichtigsten Punkt, der mechanischen Belastung und diesbezüglich vor zum das Volumen. Studien belegen, dass schwere Gewichte im Maximalkraftbereich die gleiche Auswirkung in Bezug auf Muskelaufbau haben wie submaximale Gewichten mit einer höheren Wiederholungszahl, solange der Workload insgesamt der gleiche ist. Das spricht eine deutliche Sprache.
Du musst dementsprechend nicht extrem schwer trainieren, sondern kannst den gleichen Effekt auch mit moderateren Gewichten erreichen. Teilweise wird der Effekt in der Praxis wahrscheinlich noch besser ausfallen. Es ist einfacher, weniger belastend und weniger ermüdend, im submaximalen Bereich zu arbeiten. Du bekommst effektiver einen hohen Workload hin.
Das bringt uns auch noch einmal zur metabolischen Belastung. Es ist nicht so, als wären abschließende Pump Sätze nicht effektiv oder würden nichts bringen. Sie sind hervorragend dazu geeignet, ohne starke ZNS Belastung weitere Spannungszeit auf die Muskeln zu bekommen und den Workload zu erhöhen. Du hast damit mehr Volumen trainiert. Auf eine Art und Weise, die deinem Zielmuskel mehr als gerecht wird, denn derartige Pump Sets werden in der Regel in Form von Isolationsübungen absolviert.
Was bedeutet das für die Praxis?
Eigentlich sind die folgenden Aussagen recht langweilig, denn sie sagen am Ende aus, dass du auf „No Pain, No Gain“ nicht nur verzichten kannst, sondern sogar darauf verzichten solltest.
Trainiere nicht für einen Muskelkater, jedenfalls nicht ständig. Das könnte deine Fortschritte sogar verzögern, da du über einen längeren Zeitraum als notwendig keinen neuen Trainingsreiz setzen kannst – und das ohne Mehrwert. Wenn du also nach dem nächsten Beintraining nicht mehr sachgemäß von der Schüssel aufstehen kannst, ist das keine Bestätigung für ein besonders produktives Training, sondern lediglich dafür, dass deine Muskulatur maximal mikrotraumatisiert ist. Vielleicht vollkommen umsonst oder mit nur geringem Effekt.
Die bessere Vorgehensweise ist daher sicherlich, mehrere kurze Trainingseinheiten pro Woche und Muskelgruppe unter Vermeidung starker Mikrotraumatisierung auszuführen. Das alles in vornehmlich submaximalem Intensitätsbereich. Du solltest einfach darauf achten, stets besser zu werden und allmählich deinen Workload zu steigern.
Wenn du beispielsweise heute zehn Mal 100 Kilo auf der Bank drückst, solltest du in drei Monaten entweder mehr Gewicht für die zehn Wiederholungen drücken können oder mehr Wiederholungen mit dem Gewicht trainieren. Im besten Fall sogar beides. Das klingt nicht spektakulär und auch nicht hardcore, ist aber wohl die effektivste und vor allem effizienteste Methode, um deinen Muskelaufbau wirklich zu planen.