Das Kreuzheben ist ungeschlagen die Übung, bei der Du den meisten Profit aus einer einzelnen Übung bekommst. Quads, Hamstrings, Arsch, unterer Rücken, Nacken – Deadlifts bearbeiten alle großen Muskeln und lassen Dich auch noch einen solide Griff erreichen.
Ohne Frage eine sensationelle Übung – aber ebenso kann sie unglaublich frustrierend sein, wenn der Fortschritt mal ausbleibt und man auf der Stelle tritt. Beziehungsweise hebt. Wie wäre es mit ein paar Lösungsansätzen für dieses Plateau-Szenario?
Wir werden uns verschiedene Praktiken anschauen, die Du leicht umsetzen kannst, damit Du weiterhin Fortschritte bei dieser weltstarken Übung verzeichnen kannst!
Zuerst aber müssen wir ein bisschen etwas über die Muskelkontraktion wissen und betrachten, wie das in Bezug auf das Kreuzheben ausschaut. Eine Kraftkurve ist ein mathematisches Modell, das die Menge an Kraft widerspiegelt, die ein Muskel über verschiedene Gelenkwinkel ausüben kann. Es gibt verschiedene Arten von Kraftkurven, aber die für die Deadlifts ist assoziiert mit dem als „austeigende Kraftkurve“ bezeichneten Modell. Mit einer aufsteigenden Kraftkurve kannst Du mehr Kraft aufbauen, je weiter Du die Gelenke öffnest. Da Du gegen Ende der Bewegung immer stärker wirst, verführt dieses Modell gerade dazu, exzentrische Kontraktionen durchzuführen.
Während einer exzentrischen Kontraktion verlängert sich ein Muskel, während er Spannung produziert – durch das Bremsen oder durch die Kontrolle der Geschwindigkeit, mit der man die Bewegung ausführt (wohingegen ein Muskel in einer konzentrischen Kontraktion verkürzt und mit Spannung aufbaut).
Während einer exzentrischen Kontraktion kontrahieren weniger motorische Einheiten des Muskels – daher können die wenigen noch beanspruchten motorischen Einheiten jetzt mehr Muskelspannung generieren. Beziehungsweise sie MÜSSEN mehr Muskelspannung generieren (bis zu 1,3 Mal mehr Spannung als in einer konzentrischen Kontraktion). Wenn wir das Wissen anwenden, sind wir bereit für den ersten Trick:
Eine Möglichkeit, exzentrische Kontraktionen beim Kreuzheben zu betonen, ist schlichtweg, die Stange langsam – sehr langsam – abzulassen. Bei der letzten Wiederholung eines Satzes. Lass uns beispielweise mal sagen, dass Du nach einigen Warm Up Sätzen noch drei Sätze mit drei Wiederholungen heben möchtest. Du führst jeweils die ersten beiden Reps der drei Sätze kontrolliert und mit guter Technik aus. Die jeweils letzte Wiederholung wird anders – Du kontrollierst die Stange und ziehst die negative Bewegung auf ungefähr 10 Sekunden hinaus.
Während der letzten Wiederholung eines jeden Satzes setzt Du Deinen Fokus darauf, das Gewicht mit gleichmäßiger Geschwindigkeit abzusenken. Das benötigt richtig viel Disziplin. Du bist viel stärker, solange die Stange über Deinem Knie ist – daher will man den Abwärtsweg automatisch langsam beginnen und richtig schnell werden, sobald man die Knie passiert hat und die Kraft nachlässt. Widerstehe dem Drang. Die meisten Menschen sind über dem Knie stärker – wenn Du unter dem Knie cheatest, bringt Dir das überhaupt nichts.
Ein weiterer Weg, die Deadliftperformance zu verbessern ist, die Geschwindigkeit zu erhöhen, mit der man vom Boden weg zieht. Dadurch fällt es Dir leichter, die schwächeren Hebelpunkte des Lifts zu überwinden. Schon vor über 30 Jahren hat Carl Miller im Iron Man Magazin über die Vorstellung gesprochen, dass die maximale Power gleich der Mischung aus halber Maximalkraft und halber Maximalgeschwindigkeit wäre. Ebenso wurde in Studien über Olympic Lifters herausgefunden dass die maximalen Power-Messungen mit submaximalen Gewichten durchgeführt werden konnten, weil das maximale Gewicht die Geschwindigkeit dämpft. Tatsächlich würdest Du bei ein wenig Recherche darauf stoßen, dass die durchschnittliche Trainingsintensität bei den russischen Gewichthebern bei 75-85 Prozent vom 1RM (1 repetition maximum, „wie viel Gewicht geht maximal für eine Wiederholung“) liegt.
Der eine Weg besteht also darin, darüber nachzudenken, einfach schneller zu liften. Noch eine Möglichkeit wäre es, den Endabschnitt der Bewegung schwerer zu machen, indem Du Ketten benutzt.
Wenn Du Gewichtheberketten an der Hantelstange anbringst, steigt der Widerstand an, je fortgeschrittener die Bewegung ist – je höher die Langhantelstange ist. Das ist ein gutes Ding, wenn Du ein Problem mit dem Lock Out beim Deadlift hast – aber auch generell. Das liegt daran, dass Du einfach stärker und kraftvoller ziehen musst, weil der Widerstand steigt.
Eine mögliche Erklärung wäre, dass das funktioniert, weil Du weißt (!), dass der Widerstand stärker wird, sobald die Hantelstange den Boden verlässt. Daher arbeitest Du schon instinktiv stärker.
Die vierte Methode ist das Kontrasttraining. Kontrasttraining basiert auf einem Krafttrainingsprinzip, das im Englischen „post-tetanic potentation“ (PTP) genannt wird. PTP ist das Phänomen, das bezeichnet, dass Deine Kontraktionskraft fünf bis zehn Minuten nach einem schweren Satz erhöht ist, weil die Muskeln neuronale Aktivierung erfahren haben. DU könntest Kontrasttraining so einbauen, dass Du Sätze mit Maximalgewicht und Submaximalgewicht einfach abwechselst.
Sagen wir mal, Du willst vier Sätze mit fünf Wiederholungen heben, nachdem Du Dich aufgehoben hast. Statt alle Sätze hindurch das gleiche Gewicht zu nutzen, reduziere den Load um 5-10 Prozent für den zweiten und den vierten Satz. Wenn Du die leichteren Sätze absolvierst, wird die Hantelstange sich sehr leicht anfühlen und Deine Geschwindigkeit steigt massiv an.
Das Kreuzheben ist eine geile Übung. Wenn Du diese Trainingsprinzipien fleißig und gewissenhaft anwendest, wirst Du jedes Plateau durchbrechen.