Wenn es um die Trainingsgestaltung geht, kann man die Menschen grundsätzlich in zwei Lager einteilen. Die eine Gruppe, allgemein mehr von der Wissenschaft beeinflusst, entwirft das ganze Programm im Vorhinein. Es werden meistens Grundübungen mit verschiedenen Intensitäten (Sätze und Wiederholungen) in den Plan integriert und alles ist bis ins kleinste Detail ausgeklügelt. Kraftsportler dieser Art tragen im Gym mitunter Notizblock, Taschenrechner und andere Dinge mit sich herum, um im Fall der Fälle das 1RM auf die zweite Nachkommastelle genau zu ermitteln!
In der anderen Gruppe findet man eher Trainierende, die es weniger strikt angehen und auch improvisieren. Übungen sind sozusagen ihre Instrumente und damit lieben sie es zu spielen. Über die Intensität wird sich nicht mehr als nötig der Kopf zerbrochen und wenn der Protein Shake nicht innerhalb der ersten 30 Minuten nach dem Training getrunken wird, dann ist nicht direkt alles verloren.
Wiederum andere Studiogänger mischen die beiden obigen Ansätze, doch am Ende stellt sich die Frage: Welcher Trainingsstil ist am besten? Sollte man eher effizient an die Sache herangehen oder doch besser hin und wieder variieren?
Forscher von der University of Sao Paulo, der University of Tampa und dem Delboni Auriemo Diagnostic Imaging Sector haben zu diesem Thema diverse Experimente durchgeführt und herausgefunden, dass die improvisierenden Kraftsportler tatsächlich ihre Berechtigung zu haben scheinen und Übungsvariation wichtiger ist, als nur Sätze und Wiederholungen anzupassen.
Die Wissenschaftler teilten männliche 49 Freizeitsportler in fünf Gruppen auf:
- Konstante Intensität, konstante Übung (CICE). Diese Gruppe führte Kniebeugen mit ihrem 8RM.
- Konstante Intensität, variierende Übung (CIVE). Diese Gruppe führte Kniebeugen, Kreuzheben, Ausfallschritte und Beinpresse mit ihrem 8RM durch.
- Variierende Intensität, konstante Übung (VICE). Diese Gruppe führte Kniebeugen mit einem Gewicht aus, das für sechs bis zehn Wiederholungen bewältigt werden konnte (6-10RM).
- Variierende Intensität, variierende Übung (VIVE). Diese Gruppe führte Kniebeugen, Kreuzheben, Ausfallschritte und Beinpresse mit einem Gewicht aus, das für sechs bis zehn Wiederholungen bewältigt werden konnte (6-10RM).
- Diese Gruppe diente als Kontrollgruppe.
Die Probanden trainierten über einen Zeitraum von drei Monaten zwei Mal wöchentlich. Alle von ihnen verwendeten dasselbe Volumen. Vor und nach dem Experiment ermittelten die Forscher nicht nur den Muskelquerschnitt der beiden vorderen Oberschenkel, sondern auch das 1RM der Testpersonen in der Kniebeuge.
An den Ergebnissen der Studie ließ sich erkennen, dass die CIVE Gruppe, die nicht die Intensität, aber dafür die Übung variierte, in Bezug auf die Vergrößerung des Muskelquerschnitts und die Kraftentwicklung am besten abschnitt. Die Gruppe, die sowohl Intensität als auch Übung variierte (VIVE), erzielte die geringsten Fortschritte.
Zugegeben, alle vier Versuchsgruppen konnten einen vergrößerten Quadrizeps vorweisen, doch die CIVE Gruppe zeigte eine komplettere Muskelaktivierung, die zum Wachstum aller vier Köpfe des vorderen Oberschenkels führte. Die anderen Ansätze brachten in puncto Entwicklung des vastus medialis und des rectus femoris kein ganz so gutes Ergebnis.
Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass es wichtiger für den Muskelaufbau zu sein scheint, die Übungen zu variieren, statt immer die selben Bewegungsabläufe im Plan zu haben und nur Sätze oder Wiederholungen zu verändern. In der Praxis ist eine Kombination aus Kniebeugen, Beinpresse und Ausfallschritten mit der gleichen Wiederholungsanzahl wohl besser, als nur Squats mit verschiedenen Satz- und Wiederholungsmustern auszuführen. Anzumerken ist natürlich ebenfalls, dass für die Studie keine erfahrenen Kraftsportler herangezogen wurden und die Ergebnisse demnach bei ambitionierten Trainierenden abweichen könnten!
Quelle: t-nation.com/training/tip-is-variety-more-important-than-intensity
Referenzstudie:
Fonseca RM, Roschel H, Tricoli V, de Souza EO, Wilson JM, Laurentino GC, Aihara AY, de Souza Leão AR, Ugrinowitsch C. „Changes in exercises are more effective than in loading schemes to improve muscle strength,“ J Strength Cond Res. 2014 Nov;28(11):3085-92.