Wir alle kennen die Bilder von Powerliftern, die im Wettkampf oder im Training beim Bankdrücken mit ihrem Körper in der Ausgangsposition eine enorme Brücke bilden, indem sie eine extreme Hohlkreuzhaltung einnehmen. Während an dieser Stelle gleich vorausgeschickt werden soll, dass der Autor des nachfolgenden Artikels eine relativ leichte Krümmung bei der Durchführung keineswegs ablehnt, sondern vielmehr als wichtiges Element einer optimalen Technik beim Bankdrücken erachtet, sollen dennoch einige stichhaltige Argumente gegen eine übertriebene Rückenkrümmung ins Feld geführt werden!
Der wettkampfpragmatische Hintergrund
Zunächst einmal sollte man sich klar machen, weshalb im Powerlifting – und dann auch bei Hobby Bodybuildern, die sich diese Technik abgeschaut haben – eine stark hyperlordotische Haltung so populär werden konnte.
Der Grund hierfür liegt vor allem in einer Verkürzung des Abstands zwischen Schulterblättern/oberem Rücken und Gluteus, einer damit entsprechend erhöhten Spannung im Bein-, Schulter-, Brust- und Rückenbereich und zugleich einer Verkürzung der Bewegungsamplitude beim Drücken, die den physikalischen Grundgesetzen entsprechend eine Verringerung der zur Bewältigung eines bestimmten Gewichts insgesamt benötigten Kraft bedeutet. Die Regeln sämtlicher ernstzunehmender Powerlifting Verbände der Welt schreiben nämlich bezüglich der gültigen Ausführung des Bankdrückens lediglich vor, dass der Kontakt von oberem Rücken und Gluteus mit der Bank während des gesamten Ablaufs der Bewegung gegeben sein muss. Der untere Rücken hingegen muss keinen Kontakt zur Bank haben, was aufgrund der natürlichen Anatomie der Wirbelsäule auch guten Sinn macht.
Kurz gesagt: das extreme Hohlkreuz beim Bankdrücken verstößt nicht gegen die Wettkampfregeln, ermöglicht es aber zugleich, eine höhere Last zu bewältigen, da der Weg, über den diese Last bewegt werden muss, verkürzt wird und insgesamt mehr Spannung erzeugt werden kann.
Für einen Wettkampf Powerlifter kann diese Technik im Wettkampf zwar von Nutzen sein, aber im Training sollte sie nicht regelmäßig angewandt werden. Erst recht sollten Hobby Athleten, die sich mehr dem Bodybuilding Bereich zurechnen, eine derartige Vorgehensweise zur Leistungssteigerung vermeiden!
Die Verletzungsrisiken
Die sehr spezifische Form der Ausführung birgt durch den Druck, der auf den unteren Rücken, die Bandscheiben, Nerven und Lendenwirbel ausgeübt wird, eine erhöhte Verletzungsgefahr.
Zwar ist die Belastung für den unteren Rücken sicherlich nicht so hoch wie beim Kniebeugen oder bei der Military Press, wo das Gewicht nahezu vertikal auf die Wirbelsäule drück, doch wenn beim Bankdrücken zusätzlich noch mit den Beinen in Aufwärtsrichtung ein gewisser Druck ausgeübt wird, um so noch einmal ein Mehr an Spannung im Oberkörper aufzubauen, dann sammelt sich dieser zusätzliche mechanische Druck im Lendenwirbelbereich. Man kann sich das wie bei einer Ziehharmonika vorstellen, die an beiden Enden gekrümmt wird, sodass die gegenläufig wirkenden Druckkräfte in der Mitte (in unserem Fall also dem unteren Rücken) zusammentreffen. So ist das Risiko gerade bei sehr schwerem Gewicht auch nicht eben zu vernachlässigen. Jeder, der schon einmal bei einem Maximalkraftversuch auf der Bank im Angesicht des drohenden Scheiterns das letzte Quäntchen Kraft durch eine weitere Verstärkung der Krümmung herauszuholen versucht hat, dürfte das unangenehme Zwicken im Lendenwirbelbereich kennen und die These daher bestätigen können.
Vermindertes Muskelaufbaupotenzial
Den Rücken zu krümmen bedeutet, wie wir oben schon erläuterten, eine Verkürzung des Weges von der Ausgangsposition zur Brust beziehungsweise zum oberen Bauch, wodurch es möglich wird, eine entsprechend höhere Last zu bewältigen. Noch einmal sei an dieser Stelle betont, dass eine mäßige (!) Krümmung durchaus sinnvoll ist, denn wer nur wie ein nasser Sack auf der Bank liegt, kann natürlich nicht genügend Spannung in Brust-, Schulter- und Rückenmuskulatur erzeugen, um sein wahres Potenzial zu entfalten. Bei einem Powerlifting Wettkampf, bei dem ausnahmslos alle Randbedingungen mit Blick auf das eine und einzige Ziel der Optimierung der Maximalkrafterzeugung ausgerichtet werden müssen, hat auch das extreme Hohlkreuz seine Berechtigung.
Im alltäglichen Training ist das extreme Hohlkreuz allerdings zu vermeiden, denn die damit erzielte Verkürzung des Weges bedeutet auch eine Verminderung des Muskelaufbaupotenzials. Doch wieso ist das so?
Die Antwort liegt in der verminderten Dehnung des Muskels. Genauso wie das Negativbankdrücken für den Brustmuskel weniger effizient ist als Bankdrücken auf der Flachbank, hat das Flachbankdrücken mit starker Rückenkrümmung einen geringeren Effekt als die Variante mit mäßiger Krümmung.
Zwar haben Teilwiderholungen durchaus ihren Sinn in einem durchdachten Trainingsplan und können sich gerade auch in Bezug auf die Verbesserung gewisser Schwachstellen im Bewegungsablauf einer Übung als nützlich erweisen, aber sie sollten nicht den Kern des Trainings ausmachen.
Zugegebenermaßen kann die Umstellung vom „Trainingsmodus“ in den „Wettkampfmodus“ manchmal schwierig sein, aber nichtsdestoweniger rechtfertigen die Vorzüge der Variante des Bankdrückens mit normaler Krümmung deren Favorisierung für das alltägliche Training, denn selbst wenn die Wettkampfvariante mit starkem Hohlkreuz vielleicht noch einmal zehn bis 15 Kilo zusätzlich herauszuholen erlaubt, kann man trotzdem sicher sein, dass eine Leitungssteigerung bei der Trainingsvariante mit normaler Krümmung zugleich immer auch eine Leistungssteigerung bei der Wettkampfvariante bedeutet. Das Umgekehrte gilt gleichwohl nicht!
Kein „funktioneller“ Kraftzuwachs
Einer der großen Vorteile der mit Langhantel ausgeführten Verbundübungen ist derfunktionelle Kraftzuwachs: eine starke Kniebeugeleistung zeigt zwangsläufig ein großes Kraftpotenzial im Unterkörper an, das sich auf alle andere Übungen, die den Unterkörper beanspruchen, übertragen lässt. Gleiches gilt für das Bankdrücken – die „Kniebeuge für den Oberkörper“ – hinsichtlich der Oberkörperkraft und anderer Übungen, die den Oberkörper ansprechen.
Die gilt jedoch nicht so sehr für das Bankdrücken mit starkem Hohlkreuz. Diese auf den Wettkampferfolg spezialisierte Technik hat nur ein sehr überschaubares Anwendungsfeld: nämlich das Bankdrücken. Die so gewonnene, sehr spezifische und deshalb nicht funktionelle Kraft lässt sich weder auf andere Aktivitäten innerhalb noch außerhalb des Studios sinnvoll anwenden.
Das ist ein Grund, weshalb unter anderem Charles Poliquin das Bankdrücken mit engem Griff als validen Kraftindikator vorzieht, denn diese Form des Bankdrückens erlaubt keinerlei „Tricks“, um die Leistung in die Höhe zu schrauben. Der weite Griff, der den Weg ebenfalls verkürzt, wird ebenso vermieden wie ein übertriebenes Hohlkreuz.
Mit anderen Worten: es mag sein, dass man mit massiver Rückenkrümmung eventuell zehn oder 15 Kilo mehr drückt, aber außerhalb des sehr engen Kontextes des Bankdrückens lässt sich diese zusätzliche „Kraft“ nicht gewinnbringend einsetzen!
Abschließende Empfehlungen
Zum Ende sei also noch einmal ausdrücklich empfohlen, beim Bankdrücken ein vernünftiges Setup zu wählen. Das heißt: die Füße sollten fest auf den Boden gestellt beziehungsweise „eingegraben“ werden, ohne dabei die Beine so weit nach hinten zu ziehen, dass die Fersen bereits in der Luft sind. Diese Fuß- und Beinposition führt zwangsläufig zu einem stärkeren Hohlkreuz. Gesäß, oberer Rücken und Hinterkopf sollten stets den Kontakt mit der Bank wahren, die Schulterblätter sollten zugleich zusammen- und nach unten gezogen werden, sodass auch der Latissimus und die Rhomboiden optimal angespannt und zum Einsatz gebracht werden können. Der untere Rücken darf und sollte dabei leicht gekrümmt sein, um die eben beschriebene „Lock Position“ mit größtmöglicher Spannung einnehmen zu können, ohne dabei die Spannung in einer ungünstigen, gesundheitsabträglichen Weise im Lendenwirbelbereich massiv zu konzentrieren!
Quelle: t-nation.com/training/fake-strength-stop-arching-the-bench-press