Selbsternannte Spezialisten gibt es in der Bodybuildingszene viele. Man muss nur durch das Studio wandern und passiv an den Gesprächen der Möchtegernexperten teilnehmen. Schnell ist die Erfahrung gemacht, dass sich Interessen und gefährliches Halbwissen auf unterschiedliche Teilbereiche des Kraftsports verteilen. Während der Eine seine Leidenschaft in der Ernährung findet, befasst sich ein Zweiter lieber mit dem Training oder der korrekten Supplementation. Ein Thema, das durch die Bank hinweg jedoch kaum Beachtung findet, ist Ablauf und Bewertungen eines Wettkampfs!
Man möchte fast meinen, dass die Teilnahme an einem Wettkampf das Ziel aller aufstrebender Athleten sein sollte.
Den Sieg von der Olympia Bühne zu tragen, sollte doch für einen motivierten Kraftsportler identisch zum Sieg des Weltmeistertitels für einen Fußballer sein, oder?
Trotzdem sind zum Teil einfachste Abläufe kaum bekannt und was genau auf so einem Wettkampf bewertet wird, kann auch kaum ein Grünschnabel im Studio benennen. Dabei ist es relativ unkompliziert.
Technisch gesehen gibt es zwei Runden, wobei in den einzelnen Runden noch einzelne Abschnitte durchlaufen werden.
Pre-Judging
Das Pre-Judging selbst besteht aus insgesamt zwei Runden, in denen die Teilnehmer sich vor den Kampfrichtern präsentieren.
Die erste dieser beiden Runden ist die „Symmetry Round“, in der die Anwärter auf den Titel sich in entspannter Pose mit Vierteldrehungen zeigen. So können die Kampfrichter den Körper aus jedem Winkel begutachten.
Entscheidend dabei ist, dass die Muskeln im entspannten Zustand gezeigt werden. Das gibt der Jury die Möglichkeit, Schwachstellen zu erkennen, die unter angespannter Muskelmasse eventuell vertuscht werden könnten.
Danach folgt eine zweite Runde – die „Mandatory Round“. Sie folgt dem Ablauf der vorherigen Runde, zeichnet sich aber durch das Präsentieren im angespannten Zustand aus.
Dieses Mal möchten die Kampfrichter sehen, welche besonderen Details sich ergeben, wenn die Muskeln bei den Pflichtposen kontrahieren.
Wonach suchen die Richter?
In den beiden Runden muss das Adlerauge des Richters in kürzester eine Vielzahl kleiner Details erkennen und analysieren.
Übergeordnet ist natürlich die Gesamtmasse des antretenden Athleten wichtig. Wie viel Magermasse ist letztendlich vorhanden? Wie groß ist er im Vergleich zu den anderen?
Daneben spielt die Definition des Sportlers eine entscheidende Rolle. Wie trocken ist er? Wie gut sind Einschnitte zu erkennen und wie separiert ist jeder einzelne Muskel?
Zusätzlich wird viel Wert auf Proportionen und Symmetrie gelegt. Besteht ein ausgewogenes Gesamtbild und sind linker und rechter Oberarm identisch?
Wie wird objektiv bewertet?
Neutralität sollte als Mitglied der Jury selbstverständlich sein. Leider ist bei großen Wettkämpfen im Bodybuilding oft zu erkennen, dass die Sympathie einiger Kampfrichter gerne auch zugunsten bestimmter Athleten ausfallen kann.
Um möglichst objektiv zu bewerten, bedienen sich insgesamt fünf bis neun Begutachter einer simplen Vergabe von Punkten, wobei die niedrigste Zahl die größte Gewichtung hat. Erhält ein Bühnenathlet also die geringste Gesamtpunktzahl, hat er am Besten abgeschnitten.
Wie bereits erwähnt, ergreifen manche Preisrichter zu sehr Partei und manipulieren auf diese Weise den Wettkampf. Aus diesem Grund werden die beste und die schlechteste Bewertung gestrichen. So kann Subjektivität eingegrenzt werden.
Finals
Höhepunkt des Wettkampfs sind die Finals, in denen die Elite ihre Kür präsentieren darf.
Diese Kür ist individuell von den einzelnen Athleten ausgearbeitet und soll ihren Körper so darstellen, wie er von ihnen gesehen werden soll.
Hier ist das Ziel, Stärken hervorzuheben und Schwachstellen im Nichts verschwinden zu lassen.
Wer seinen Körper zu diesem Zeitpunkt in Perfektion präsentiert, Masse und Definition im Gesamtpaket abliefert, kann sich am Ende als Sieger des Wettkampfs sehen.
Wenn man das nächste Mal im Studio einen Bro über Ernährung oder Training fachsimpeln hört, wird eine einfache Nachfrage nach dem Ablauf eines Wettkampfs ihn schon zum Schweigen bringen. Natürlich muss nicht jeder den Traum haben, irgendwann einmal auf der Bühne zu stehen. Nichtsdestotrotz verfolgen wir alle einen Sport, der in seinem Ursprung auf genau dieses Ziel hinausläuft. Deshalb gehört es ich für jeden ambitionierten Studiobesucher mit Bodybuilding Interesse, Grundprinzipien und Regularien zu kennen.