In jedem Leben gibt es Phasen, zu denen man glücklicher kaum sein könnte, und Momente, in denen man glaubt, jegliche Hoffnung zu verlieren. Vor allem in den Karrieren von Leistungssportlern sind die Wechsel von Siegen und Niederlagen noch häufiger zu beobachten. Das musste auch Matthias Botthof in der Vergangenheit am eigenen Leib spüren. In diesem Zusammenhang äußert sich der deutsche IFBB Pro zu dem wohl größten Tabu-Thema im Bodybuilding und der zugleich dunkelsten Stunde seiner Laufbahn.
Von außen betrachtet scheint Matthias Botthof eine beispielhafte sportliche Laufbahn absolviert zu haben. Angefangen als Kampfsportler kam der heutige IFBB Pro recht spät zum Bodybuilding und beschloss erst 2004, sich fortan intensiver dem Eisen zu widmen. Schon im Folgejahr belegte der Athlet dann den dritten Platz bei der Deutschen Meisterschaft, was eine vielversprechende Karriere vermuten ließ. Unter anderem auf Anraten von Sponsoren wurde dann der Plan geschmiedet, dass sich „Mighty Matze“ international präsentieren solle.
Da diese Gelegenheiten damals, anders als heute, noch sehr selten waren, wurde die WM 2007 in Korea ins Auge gefasst. Dazu muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass jenes Event damals wie heute einen Doping-Test inkludiert, um vermeintliche „Schummler“ zu enttarnen. Dass dies in Bezug auf das Bodybuilding als nahezu irrwitzig zu betiteln ist, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterungen.
Nachdem die Vorbereitungen von Matthias zunächst nach Plan verliefen, machte ihm eine schwere Magen-Darm-Grippe einen Strich durch die Rechnung. Aufgrund der daraus resultierenden Gefahr, die hart erarbeitete und für den Wettkampf so wichtige Muskelmasse zu verlieren, entschloss sich der Bodybuilder zu einem folgenschweren Schritt.
Statt wie mit seinem Coach besprochen in den letzten Wochen auf gewisse Substanzen zu verzichten, habe Matze zu dieser Zeit wieder Medikamente verwendet bzw. entsprechend höher dosiert. Ganz ihm Klaren darüber, dass dies einen positiven Dopingtest zur Folge haben könnte. Mit der Gewissheit, dass jene Kontrollen aber nur stichprobenartig und lediglich bei den Besten der Besten durchgeführt werden, versuchte sich der Athlet damals zu beruhigen.
Irrglaube Steroidkonsum: Sind Men’s Physique Athleten natural?
Am Wettkampf selbst präsentierte sich Matthias Botthof schließlich in Topform, wurde unmittelbar nach seinem Auftritt allerdings von Vertreten der Anti-Doping Organisation und schwer bewaffneten koreanischen Polizisten in Empfang genommen. „Es geht zum Doping Test“, lautete die bittere Wahrheit. In einem Raum voller „Pinkelbecken“ musste sich der Deutsche Hoffnungsträger schließlich unter den Augen der Beamten vollständig entkleiden und sämtliche Körperöffnungen inspizieren lassen. Wegen des stark dehydrierten Zustands, in dem sich ein Bodybuilder am Wettkampftag unweigerlich befindet, dauerte es bis zum Wasserlassen aber mehrere Stunden.
Dass der Test daraufhin positiv ausfiel, überraschte „Mighty Matze“ nur wenig. So habe man ihm damals den Einsatz von Testosteron nachweisen können und neben einer zweijährigen Wettkampfsperre auch eine Geldstrafe verhängt. Doch viel schlimmer als die Repressalien sei die Reaktion der Branche gewesen. Obgleich es sowohl Sponsoren als auch Veranstaltern und anderen Athleten klar sein dürfte, dass auf diesem hohen Niveau keiner der Beteiligten „natural“ sein kann, begegnete man ihm damals mit regelrechter Verachtung. Zusätzlich zu den gestrichenen Gastauftritten kehrten ihm viele frühere Weggefährten den Rücken und empörten sich über den positiven Test.
Anders als bei vielen Sportlern mit dem selben Schicksal hielt sein damaliger Sponsor aber weiterhin an der Partnerschaft fest. Es sei eine der dunkelsten Stunden in seinem Leben und insbesondere seiner sportlichen Laufbahn gewesen, so beschreibt es der Athlet selbst. Diese Geschichte biete aber eine gute Chance, endlich mit gewissen Mythen aufzuräumen. Laut Matthias Botthof sei auf diesem Niveau niemand ohne den Einsatz gewisser Medikamente auch nur ansatzweise konkurrenzfähig. Speziell vom Wunschtraum, dass man natural zum Profibodybuilder werden könne, müsse man sich daher verabschieden. Zudem bedeute ein negativer Doping-Test ganz sicher nicht, dass der entsprechende Sportler auch tatsächlich auf den Einsatz leistungssteigernder Substanzen verzichte.
In diesem Video berichtet Matthias Botthof nicht nur von seiner dunkelsten Stunde, sondern nutzt die Gelegenheit zeitgleich zur Aufklärung. Obwohl es vielerorts noch immer bestritten wird, gehört der Einsatz von Medikamenten unweigerlich zum Bodybuilding auf höchstem Niveau dazu. Etwas anderes zu behaupten, entspräche schlichtweg nicht der Wahrheit. Definitiv ein Statement, dass dem Athleten selbst im Vorfeld viel Unbehagen bereitete, seitens der Fans jedoch mit großem Lob honoriert wird.
https://www.youtube.com/watch?v=UJZC9-yggkM