Ganz egal, welchen Sport man betreibt, es sollte immer das primäre Ziel sein, sich ständig zu verbessern. Das Krafttraining stellt hier keine Ausnahme dar. Ob man nun ein paar Wiederholungen mehr ausführt oder das Gewicht für dieselbe Anzahl an Reps steigert, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Man muss sich diesbezüglich schlichtweg vor Augen führen, dass der Körper keine Anpassung vornimmt, wenn er nicht neuen Reizen ausgesetzt wird. Wir haben deswegen nachfolgend fünf Punkte zusammenfassen, mit denen du hinsichtlich Progression auf Kurs bleibst!
#1 – Mach‘ dir weniger Gedanken über das Programm als um deine Trainingsmoral
Dankenswerterweise ist in der Theorie niemand von uns jemals aus irgendwelchen Gründen unmotiviert, verhindert oder unpässlich- Wenn man aber zwischen einem schlechten Trainingsprogramm bei konsequenter und disziplinierter Durchführung auf der einen Seite und einem perfekten System bei lausiger und inkonsistenter Durchführung auf der anderen Seite entscheiden müsste, dann sollte die Wahl stets auf ersteres fallen.
Es gibt unzählige Beispiele von Eliteathleten in allen Bereichen, die alles Mögliche falsch machen und dennoch Erfolg haben. Tatsächlich ist der einzige gemeinsame Nenner aller erfolgreichen Sportler ihre Trainingsmoral. Sicherlich spielt auch die Genetik eine große Rolle, aber warum sollte man sich Gedanken über unabänderliche Bedingungen machen?
Meist kommt Faulheit und Inkonsequenz im Gewand einer „Paralyse durch Analyse“ daher. Das heißt: Die Leute denken, das Problem liege an einer suboptimalen Ernährung, einem nicht perfekt abgestimmten Trainingsplan oder einer defizitären Erholungsstrategie, während der eigentliche Grund eine mangelhafte Disziplin ist, die sie daran hindert, nachhaltig zu trainieren. Das klingt vielleicht nicht gerade sexy, aber das ist die Wahrheit meist auch nicht.
#2 – Behalte deine Technik im Auge
Jeder nimmt an, dass seine Technik gut sei, und wenn du einen Coach oder einen guten und ehrlichen Trainingspartner hast, dann ist alles in Ordnung. Wenn nicht, musst du selbst dein schärfster Kritiker sein.
Wenn es um die technische Durchführung geht, ist das übergeordnete Ziel, maximalen muskulären Stress auszulösen und gleichzeitig die mit dem Muskel verbundenen Gelenke und Bindegewebestrukturen minimal zu belasten.
Zwar sind die Details der Technik jeweils übungsspezifisch in den Blick zu nehmen, aber es gibt doch einige generelle Richtlinien, an die man sich halten sollte:
- Idealerweise (und insbesondere, wenn Hypertrophie das primäre Ziel ist) sollte die Wiederholung mit einem vollständig gedehnten Muskel beginnen und mit einem vollständig kontrahierten Muskel enden. Ein Klimmzug sollte beispielsweise mit maximal gestreckten Armen und dem Kopf dazwischen (und nicht dahinter) begonnen werden. Der Abschluss der Bewegung wird durch den Kontakt deines Brustbeins mit der Stange (nicht durch ein nach vorne gestrecktes Kinn) und mit eng am Rippenbogen anliegenden Ellenbogen erreicht.
- Die meisten Menschen sollten bei der exzentrischen Phase ein langsameres Tempo nutzen, als sie es tatsächlich machen. Viele Athleten suchen sich intuitiv die Ausführungsgeschwindigkeit aus, mit der ihnen die Durchführung am leichtesten gelingt. Das ist auch in Ordnung, solange die Technik sonst stimmt. Wenn es primär um Kraftleistungssteigerung geht, ist zumindest die konzentrische Phase auch möglichst explosiv auszuführen. Die exzentrische Phase einer jeden Wiederholung hat aber einen größeren Effekt (sowohl auf Hypertrophie als auch auf Kraftsteigerung) als die konzentrische, wie einige wissenschaftliche Untersuchungen nahelegen. Das gilt jedoch auch nur bei relativ langsamer bzw. kontrollierter Ausführung der negativen Phase.
- Erinnere dich stets an das Ziel, das du dir mit einer Übung gesetzt hast. Wenn du Squats machst, um stärkere Quads zu bekommen, und deine Beuge eher so einer Art entstellter Good Mornings ähnelt, dann ist deine Form nicht wirklich zweckdienlich, um dein Ziel zu erreichen. Bei diesem Beispiel ist nicht die vorwärts gebeugte Haltung an sich schlecht, sondern nur ineffizient mit Blick auf das gesetzte Trainingsziel, die Quads zu stärken.
- Letztlich kann eine inadäquate Technik auch zur Suggestion der Einhaltung des Prinzips der progressiven Überlastung dienen, obwohl das nicht der Fall ist. Das vielleicht offensichtlichste Beispiel ist eine Kniebeuge, bei der von Woche zu Woche eine Steigerung von zehn Kilo gefeiert, während die Beugetiefe immer flacher wird, die Haltung immer stärker in Vorwärtsneigung geht und der Rücken immer deutlicher einrundet.
Eine letzte Bemerkung zur Technik: Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass man alle möglichen Mittel ergreift, um mehr Gewicht zu bewältigen, aber wenn du eine suboptimale Technik nutzt, dann brauchst du mehr Gewicht, um letztlich nur dieselben Resultate zu erreichen. Das bedeutet, dass du deine Sehnen und Gelenke unnötig stark belastest, um am Ende die Erfolge zu zelebrieren, die du mit sauberer Technik auch in weniger ungesunder Weise hättest erreichen können.
#3 – Bringe deine Bedürfnisse mit deinen Wünschen zusammen
Oftmals wird empfohlen, nicht das zu machen, was einem Spaß macht, sondern was man machen muss. Das ist falsch! Du solltest beides miteinander vereinbaren können.
Wir alle haben unsere besonderen Talente. Manche Athleten sind richtig stark auf der Bank, manche haben eine großartige Flexibilität und wieder andere sind wahnsinnig trocken. Es ist nur natürlich, auf die Erfolge in jenen Bereichen stolz zu sein, in denen man besonders gut ist. Nennen wir das Kind doch beim Namen! Genau die Dinge zu machen, in denen man hervorsticht, ist das Rezept für eine nachhaltige und lange Trainingskarriere.
Arbeite demnach um Gottes Willen weiter an deinen Stärken, denn sie sind die größte Motivation zur konsequenten Verfolgung deines Trainings. Genauso wichtig ist es aber, seine Schwächen zu erkennen. Das gilt vor allem, wenn sie deine Fortschritte zu hemmen drohen.
Als Beispiel kann man die Ignoranz vieler Athleten bezüglich des Mobilitätstrainings anführen. Anders als beim Kraft- und Muskeltraining selbst, wo die Erfolge mehr oder weniger rasch beobachtbar und messbar sind, zeigen sich die Effekte eines gewissenhaften Beweglichkeitstrainings erst nach Monaten oder sogar Jahren. Wenn Geduld und der Aufschub der Bedürfnisbefriedigung also nicht unbedingt zu deinen Stärken zählen, wird es dir schwer fallen, diese Art des Trainings dauerhaft durchzuführen.
Wenn du zu der Gruppe dieser Leute zählen solltest, seien hier ein paar praktische Tipps gegeben, mit denen du dir die Sache erleichtern kannst:
- Selbst wenn deine Beweglichkeit stark eingeschränkt ist, hast du wahrscheinlich trotzdem ein paar besonders problematische Areale bzw. Bewegungsabläufe. Vielleicht sind es nur 20 Prozent deines Körpers, die 80 Prozent deiner Probleme verursachen. Bei männlichen Athleten sind es häufig die Hüftbeuger und der Brustwirbelbereich, die Schwierigkeiten bei bestimmten Bewegungsmustern erzeugen. Statt also ein Mobilitätsworkout für den gesamten Körper durchzuziehen (was eine überaus ermüdende und zeitraubende Angelegenheit ist, um es vorsichtig auszudrücken), solltest du dich auf deine größten Baustellen konzentrieren und diese gezielt angehen.
- Das Schöne an körperlichen Adaptionsmechanismen ist, dass sie, wenn einmal eine Anpassung an einen Reiz vollzogen worden ist, den Arbeitsaufwand, der zur Auslösung der reizspezifischen Reaktion nötig ist, deutlich verringern. Es kostet weitaus mehr Arbeit, eine Anpassung erstmalig zu erzwingen, als das einmal erreichte Anpassungsniveau zu halten. Es gibt also Licht am Ende des Tunnels. Mit Sicherheit ist es eine lästige Aufgabe, ein bestimmtes Beweglichkeitslevel erst einmal zu erlangen, aber wenn das geschafft ist, kannst du quasi im Standby-Modus mit minimalem Aufwand weitermachen.
Wir haben uns alle darauf gedrillt, auch nicht spaßige Dinge zu machen, wie zum Beispiel Zähneputzen, Anschnallgurte in Verkehrsmitteln anlegen etc. Wir wissen einfach um die erheblichen Nachteile, die eine Vernachlässigung dieser lästigen oder langweiligen Tätigkeiten mit sich bringt. Was immer auch deine Schwächen im Bodybuilding oder Kraftsport sind, du solltest ihnen auf dieselbe Weise begegnen.
#4 – Achte auf die Einhaltung des Progressionsprinzips
Erfolgreiches Training setzt zwei Dinge voraus: Es muss hart sein und konstant härter werden. Gerade der zweite Teil wird gerne nicht nicht berücksichtigen. Es ist noch nie jemand ohne viel Aufwand irrsinnig trocken, muskulös oder stark geworden. Klar, es gibt ein paar wenige Ausnahmen (die genetischen Freaks), aber der Punkt ist, dass du dich wirklich pushen musst, wenn du Erfolg haben willst. Wenn deine Bestleistung beim Deadlift 200 Kilo für fünf Wiederholungen ist, dann wirst du erst stärker und breiter, bis du die 205 Kilo fünfmal hebst. Weil das eben nicht gerade einfach ist, gibt es auch nicht so viele starke, muskulöse und trockene Athleten.
Progression ist der Preis, den wir zahlen müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen. Das kann in Form maximaler Lasten passieren oder in Gestalt eines entsprechend hohen wöchentlichen Trainingsvolumens oder auch beides. Wenn dein viel größerer und stärkerer Trainingspartner normalerweise 70.000 Kilo pro Woche bewegt, du aber nur 30.000, dann weißt du, wie viel Arbeit du noch investieren musst, um so erfolgreich zu sein wie er.
Weil progressive Überlastung auf Dauer so schwierig zu erzwingen ist, gewöhnen sich viele Lifter nach und nach bestimmte Verhaltensweisen an, die ihnen die Illusion vermitteln, dass sie immer noch Fortschritte erzielen, obwohl das gar nicht mehr der Fall ist. Die Übungen häufig zu wechseln, ist eine Strategie. Die Range of Motion sukzessive zu verringern oder das Tempo zu erhöhen, ist eine andere Methode des Selbstbetrugs. Die erfolgreichsten Athleten sind in schonungsloser Weise ehrlich und kritisch mit sich selbst. Genau eine solche Einstellung solltest du dir angewöhnen.
#5 – Freunde dich mit der Langeweile an
Die meisten Techniken und Methoden der Ernährung und des Trainings, die dich zum langfristigen Erfolg führen, sind oft langweilig. Sie sind bar jeder Dramatik, Magie oder Esoterik. Es gibt keine „Geheimtechnik“, die dich wie von Wunderhand direkt ans Ziel bringt!
Wie Steven Pressfield in „The War of Art“ einmal so treffend auf den Punkt brachte: Wann immer du von einem niedrigeren zu einem höheren Entwicklungslevel voranschreiten willst, wirst du einem „Widerstand“ begegnen. Diese unsichtbare, subtile Kraft kann viele Gestalten annehmen, unter anderem die Suche nach Entschuldigungen und Rechtfertigungen, die vorgetäuschte Geschäftigkeit oder der Selbstzweifel, aber das eine und einzige Ziel dieses Widerstands ist es, dich von deinen Zielen abzubringen.
Der Widerstand muss an jeder Stelle und in jedem Moment bekämpft und am besten schon im Keim erstickt werden. Es gibt dabei keine Tricks oder Abkürzungen. Es geht schlicht und ergreifend nur darum, dich mit den unbequemen Aspekten, die dir auf dem Weg zum Erfolg begegnen, möglichst komfortabel einzurichten. Betrachte sie als Notwendigkeit, nicht als Lästigkeit, denn wie ein Sprichwort sagt: „Es gibt die Unbequemlichkeit der Disziplin und den Schmerz der Reue.“ Entscheide dich also für eines von beiden.
Quelle: t-nation.com/training/5-ways-to-improve-your-training-right-now