Bodybuilder sind oftmals engstirnig. Das mag keiner wirklich gerne hören, aber es entspricht bedauerlicherweise der Wahrheit. Die wenigsten Sportler schauen über den Tellerrand hinaus. Sie sehen, was im Studio gemacht wird bzw. was in diversen Magazinen zu lesen ist, und halten sich dogmatisch an diese Vorgaben und Vorgehensweisen. Leider, denn auch in anderen Sportarten werden erstaunliche Körper aufgebaut. Zwar spielt hier Gewichtstraining immer auch eine Rolle, doch die Art und Weise wie dieses Training angewendet wird, unterscheidet sich oftmals massiv. Genau hiervon können wir lernen!
Tipp 1: Training mit hoher Frequenz
Einen bestimmten Muskel trainieren Bodybuilder häufig nur einmal pro Woche. Das ist legitim, aber möglicherweise nicht die beste Variante. Es wird immer viel von ausreichender Regeneration gesprochen und dass der Mus, nur bedeutet eine erneute Belastung nicht, dass der Muskel deshalb in der Erholungsphase weniger wächst. Möglicherweise wird diese Belastung sogar noch potenziert, denn es gibt praktisch kaum einen anderen Sport, in dem einzelne Muskelgruppen so unregelmäßig belastet werden. Dass das auch gar nicht notwendig ist, sehen wir selbst an einer Muskelgruppe, den Schultern. Bei praktisch jedem Training des Oberkörpers werden sie mitbelastet. Keine Frage, nicht immer im gleichen Ausmaß, doch denke bitte einmal an olympische Gewichtheber. Sie trainieren nahezu täglich ihre Grundübungen Reißen und Stoßen und das im Vergleich zu klassischen Bodybuilder mit einem extremen Volumen und meist auch nicht immer nur leicht. Eine Extremsituation für die Schultern. Verkümmern diese dadurch, weil sie zu wenig Regeneration abbekommen? Das Gegenteil ist der Fall. Vielleicht sollten wir uns hier auch für praxiserprobte Strategien aus anderen Sportarten öffnen und unser Training ein wenig daran anpassen. Das funktioniert in Kombination mit Tipp 2 hervorragend.
Tipp 2: Trainiere nicht für einen Muskelkater
Es gibt keinen anderen Sport, bei dem die jeweiligen Athleten so glücklich über einen Muskelkater sind, wie es im Bodybuilding der Fall ist. Wenn man die Tage nach einem Beintraining schmerzfrei laufen und von einem Stuhl aufstehen kann, hat man irgendetwas falsch gemacht. So zumindest die einschlägige Meinung. Man hört regelmäßig davon, dass man den Muskel zerstören müsse, um ihn zum Wachsen zu bringen. Auf den ersten Blick scheint das durchaus auch einleuchtend zu sein. Auf den zweiten Blick – und durch die aktuelle wissenschaftliche Brille betrachtet – ist es aber eben nicht so. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Muskelschäden gar nicht zu mehr Muskelwachstum beitragen. Das dürfte ein Schock für alle Muskelkater Junkies sein. Letztlich bedeuten Muskelschäden in erster Linie, dass sich die Muskelregeneration unverhältnismäßig stark verzögert. Wir können demnach seltener und nicht häufiger trainieren, wie in Tipp 1 noch empfohlen. In anderen Sportarten wird Muskelkater genau deshalb als hinderlich angesehen. Für uns bedeutet das: Besser öfter trainieren und dafür versuchen, in den einzelnen Einheiten die Menge an Muskelschäden zu verringern. Das könnte dich definitiv auf ein neues Leistungsniveau katapultieren.
Tipp 3: Trainiere nicht immer am Limit
Bodybuilder sind Motivationsschweine. Ganz oder gar nicht. 110% Einsatz. In jedem Training. Bis zur letzten Wiederholung – anschließend hilft der Trainingspartner noch für einige Reps. Es wird nichts im Tank gelassen. Ohne Muskelversagen geht gar nichts. Letztlich reiht sich das nahtlos in Tipp 2 ein, denn all diese Vorgehensweisen führen zu immer mehr und mehr Muskelschäden und damit zu immer längeren Regenerationszeiten. Doch auch eine solche Praktik kennt man nur aus dem Bodybuilding. Wird beim Schwimmen etwa ein Training erst dann als effektiv bezeichnet, wenn der Sportler ertrunken ist? Oder wird ein Sprinter nur dann besser, wenn er so lange sprintet, bis er ohnmächtig zusammenbricht? Eher nicht. Wir wollen natürlich nicht absprechen, dass intensives Training wichtig ist, um Muskeln aufzubauen. Die Frage ist aber, ob man dafür immer am Limit oder gar darüber hinaus trainieren muss? Auch hier: eher nicht. Die Praxis zeigt uns das eindrucksvoll. Wir sollten diesbezüglich ebenfalls offen für Neues sein und uns an anderen Sportarten orientieren.
Tipp 4: Mehr mit dem Körper arbeiten
Speziell bei Individualsportarten wird in der Regel viel mit dem eigenen Körper gearbeitet oder das Körpergefühl und der Einsatz des eigenen Körpers spielen jedenfalls eine wichtige Rolle. Ausgerechnet beim Bodybuilding, wobei so häufig von „den Muskel spüren“ die Rede ist, wird tatsächlich recht wenig mit dem eigenen Körper gearbeitet. Man bewegt nicht sich, sondern Objekte durch den Raum. Dabei könnten wir von Eigengewichtsübungen durchaus profitieren. In diesem Zusammenhang sind Turner ein gutes Beispiel. Das Training mit Halteübungen und an Ringen ist definitiv hilfreich, um einen tollen Körper aufzubauen. Oder einfach mehr Übungen wie Klimmzüge anstatt den Latzug zu integrieren. Oder Muscle-Ups und Planks mit in die tägliche Routine aufzunehmen. Alles Dinge und Vorgehensweisen, die massiv helfen können und unbedingt genutzt werden sollten.
Fazit
Es geht uns nicht darum, dein gesamtes Training auf den Kopf zu stellen und alle anerkannten und bewährten Methoden im Bodybuilding in Frage zu stellen. Doch in manchen Situationen kann es durchaus hilfreich sein, über den Tellerrand hinaus zu schauen und sich an den erfolgreichen Praktiken anderer Sportarten zu orientieren. Es geht nicht primär darum, irgendwelche Dinge zu ersetzen. Vielmehr wollen wir den Anreiz geben, eure Workouts sinnvoll zu ergänzen und damit zu optimieren.