Die meisten Experten werden dir wohl dazu raten, den Latzug mit einem breiten Griff auszuführen. Irgendwann im Laufe der Ausübung ihrer Arbeit müssen sie wohl entweder selbst die Theorie aufgestellt haben oder von einem ihrer Kollegen darauf aufmerksam gemacht worden sein, dass der Latissimus ein ‚V‘ formt und man bei dessen Beanspruchung deshalb auch die Arme in dieser Position halten sollte. Daher rührt vermutlich Empfehlung, die Hände an der Stange vorzugsweise weiter als näher voneinander entfernt zu platzieren!
Manche der angesprochenen Experten folgen außerdem der Annahme, dass es eine schlechte Idee sei, den Latzug mit engem Griff zu praktizieren, da auf diese Weise angeblich der Bizeps mehr als der Latissimus aktiviert werde.
Dann wäre da noch die Geschichte mit der Verletzungsanfälligkeit, sobald man die Stange in den Nacken zieht. Auch wenn wahrscheinlich noch nicht viele Studiogänger dabei gesehen wurden, wie sie sich bei dieser Art der Ausführung direkt im Gym verletzt haben, ist es natürlich nicht ausgeschlossen, bei einer anatomisch eher unnatürlichen Bewegung zu Schaden zu kommen. Universell gültige Empfehlungen, wie beispielsweise ausnahmslos zur Brust zu ziehen, sollte man dennoch nicht aussprechen, ohne sie näher zu erklären.
Was also übrig bleibt, ist eine fast in jedem Trainingsplan vorkommende Übung, deren vermeintlich korrekte Ausführung scheinbar von schwacher Logik und Tradition geprägt ist. Zwei Gruppen an Wissenschaftlern haben sich diesem Problem allerdings angenommen und versucht, mit Beweisen zu untermauern, warum man den Latzug auf welche Art auch immer ausführen sollte!
In den Nacken oder zur Brust?
Die erste Forschergruppe wollte herausfinden, welche von drei Latzug Varianten am besten funktioniert. Dafür rekrutierten sie 24 Männer mit einem durchschnittlichen Alter von Mitte 20 und ließen sie den Latzug zur Brust, in den Nacken und mit einer extrem V-förmigen Stange ausführen.
Um die muskuläre Beanspruchung zu messen, wurden Elektroden an Brust, Schulter, Bizeps und oberem Rücken der Probanden angebracht, während diese die verschiedenen Versionen des Latzugs mit einer Last von 80 Prozent ihrer Maximalkraft bewältigten.
Es stellte sich heraus, dass alle drei Formen zumindest den Latissimus gleich stark aktivierten. Abweichungen zwischen den unterschiedlichen Varianten gab es nur bei den anderen Muskelgruppen, die aber für diesen Artikel nicht wirklich relevant sind. Die erwähnte Stange mit extremer V-Form (siehe Bild) ist nebenbei bemerkt nicht wirklich relevant, da man eine solche nur äußerst selten in einem Fitness Studio findet.
Ist es also das Hauptziel, vornehmlich den Latissimus zu beanspruchen, kann man theoretisch auf alle Varianten zurückgreifen. Die Wissenschaftler sprechen sich trotzdem für einen Zug in Richtung der oberen Brust aus, da es ihrer Ansicht nach zum einen ungefährlicher ist und zum anderen so der Zielmuskel maximal isoliert trainiert werden kann!
Eng oder breit greifen?
Die zweite Gruppe an Wissenschaftlern untersuchte zwölf Männer im Alter von 19 bis 30 Jahren. Den Probanden wurden ebenfalls Elektroden am Bizeps, Latissimus und Nacken befestigt.
Daraufhin ließen die Forscher ihre Testpersonen die folgenden vier Latzug Varianten mit 70 Prozent ihrer Maximalkraft ausführen:
- Hände weit auseinander im supinierten Griff (Handinnenflächen zeigen zum Körper)
- Hände weit auseinander im pronierten Griff (Handinnenflächen zeigen vom Körper weg)
- Hände schulterbreit auseinander im supinierten Griff
- Hände schulterbreit auseinander Griff im pronierter Griff
Die angebrachten Elektroden zeigten den Wissenschaftlern, dass die Breite des Griffs keine Rolle spielt. Nicht egal war aber die Griffart, denn unter Verwendung eines pronierten Griffs konnte der Latissimus im direkten Vergleich stärker aktiviert werden!
Was bedeutet das alles für uns
Um den Latissimus während dem Latzug effektiv und möglichst isoliert zu beanspruchen, sollte man wie folgt vorgehen:
- Einen pronierten Griff verwenden, sprich die Handinnenflächen sollten vom Körper weg zeigen.
- Zum oberen Teil der Brust ziehen.
- Die Hände so weit beziehungsweise nah voneinander entfernt positionieren, dass es sich für dich komfortabel anfühlt.
Quelle: t-nation.com/training/tip-the-truth-about-pulldowns
Referenzstudien:
Lusk SJ, Hale BD, Russell DM. „Grip width and forearm orientation effects on muscle activity during the lat pull-down.“ J Strength Cond Res. 2010 Jul;24(7):1895-900.
Sperandei, Sandro; Barros, Marcos A; Silveira-Jœnior, Paulo C; Oliveira, Carlos G. „Electromyographic Analysis of Three Different Types of Lat Pull-Down.“
Journal of Strength & Conditioning Research, October 2009, Volume 23, Issue 7, pp 2033-2038.