Erst sind Kniebeugen an der Reihe, dann geht es zum Wadenheben. Auch Bandkrücken wird vor den Trizeps Extensions ausgeführt. Große Muskelgruppen werden für gewöhnlich vor den kleineren trainiert, zumindest werden auf diese Weise nahezu alle Trainingspläne zusammengestellt. Iranische Sportwissenschaftler wollen nun herausgefunden haben, warum der Standardansatz nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch durchaus sinnvoll ist!
Die Forscher ließen 26 untrainierte, männliche Studenten zu zwei verschiedenen Gelegenheiten ein Ganzkörpertraining durchführen. Die Männer führten dabei neun grundlegende Übungen aus, welche die wichtigsten Muskeln des Körpers trainieren. Zur einen Gelegenheit verfuhren sie nach Protokoll A, zur anderen nach Protokoll B.
Bei Protokoll A wurden Brustpresse, Beinpresse, Latzug, Beinstrecker Maschine, Overhead Press, Beinbeuger Maschine, Bizeps Curls, Wadenheben und Trizeps Extensions in genau dieser Reihenfolge absolviert. Protokoll B bestand aus den exakt gleichen Übungen, doch die Reihenfolge war genau umgekehrt, sprich die Isolationsarbeit wurde am Anfang verrichtet.
Die Hälfte der Studenten konnte ein gesundes Gewicht mit einem durchschnittlichen BMI von 21,83 vorweisen [Normal]. Die Männer der anderen Gruppe waren mit einem BMI von 30,39 im Durchschnitt übergewichtig [Obese].
Nach der Trainingseinheit wurden die Studenten gefragt, wie müde sie seien. Infolge des klassischen Trainings (Protokoll A) schienen die Probanden weniger erschöpft zu sein als nach dem Training, bei dem zuerst die kleineren Muskelgruppen trainiert wurden (Protokoll B). Die Unterschiede waren zwar statistisch nicht signifikant, doch der Trend sollte erkennbar sein.
Gemessen wurde die Ermüdung mit der RPE Skala (Received Perception of Exertion) für Belastungsempfindungen, die vom schwedischen Physiologen Gunnar Borg erfunden wurde.
Die Forscher fanden mehr Testosteron im Blut der normalgewichtigen Männer, nachdem sie das klassische Training [NA] absolviert hatten. Beim Training in anderere Reihenfolge [NB] konnte diesbezüglich keine Differenz festgestellt werden. Die Trainingsreihenfolge hatte ebenfalls keine Auswirkungen auf die Testosteronwerte der übergewichtigen Männer [OA und OB].
In Bezug auf die Cortisolwerte konnten die Wissenschaftler keinen klaren Effekt feststellen, egal bei welcher Übungsreihenfolge. Daraus ergibt sich jedoch, dass das Verhältnis von Testosteron zu Cortisol bei den Männern größer war, die nach Protokoll A trainierten.
Das Gleiche galt auch für die Konzentrationen an IGF-1. Diese erhöhten sich mehr bei den normalgewichtigen Probanden, die ein klassisches Training absolvierten. Ein ähnlicher Effekt kam beim Training in umgekehrter Reihenfolge nicht zustande.
Unter den übergewichtigen Teilnehmern machte es nahezu keinen Unterschied, in welcher Reihenfolge sie ihr Training ausführten. Es hatte den Anschein, als würde ihre Fettmasse die Ausschüttung anaboler Hormone als Antwort auf intensives Krafttraining unterdrücken.
Zum Ende hin muss angemerkt werden, dass die Übungsreihenfolge keinen Einfluss auf die Anzahl an Sätze oder Wiederholungen hatte. Die insgesamte Arbeitsmenge der Studenten war also in Protokoll A und Protokoll B dieselbe.
Wie die Iraner zusammenfassen, zeigen die Ergebnisse ihrer Studie, dass man für optimale Muskelzuwächse am besten die großen Muskelgruppen zuerst trainiert und im Verlauf der Trainingseinheit zu den kleinen Muskelgruppen übergeht. Zudem bestätige die Datenlage vorige Erkenntnisse, nach denen Übergewicht die Reaktion anaboler Hormone auf Krafttraining abdämpft. Da ein Mangel ähnlicher Studien vorherrscht, müssen laut Meinung der Wissenschaftler weitere Experimente mit mehr Probanden durchgeführt werden, um die Ergebnisse verallgemeinern zu können.
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Der allgemein übliche Ansatz, größere vor den kleineren Muskelgruppen zu trainieren, scheint also auch aus wissenschaftlicher Sicht Sinn zu ergeben und sollte demnach für das Ziel optimaler Muskelzuwächse verfolgt werden. Leidet man jedoch beispielsweise an temporären oder gar dauerhaften Verletzungen, so kann es auch Sinn machen, Isolationsübungen am Anfang auszuführen, um somit die Arbeitslast bei den Grundübungen zu verringern und die passiven Strukturen zu schonen. Hier steht logischerweise die Gesundheit vor dem maximalen Muskelaufbau!
Quelle: ergo-log.com/best-to-train-big-muscle-groups-first-and-then-the-smaller-muscles.html
Referenzstudie: dx.doi.org/10.5812/asjsm.30503