Wer ist der erfolgreichste Bodybuilder aller Zeiten? Jemand, der nichts mit dem Sport zu tun hat, wird in Ermangelung anderer vertrauter Namen vermutlich Arnold Schwarzenegger nennen. Fans, die sich jedoch grob in der Szene auskennen, kommen schon eher auf Ronnie „The King“ Coleman. Dabei stand mit acht Mr. Olympia-Titeln bereits vor Coleman jemand an der Weltspitze, der erstaunlich wenig Aufmerksamkeit erfährt: Lee Haney.
Lee Haneys frühe Jahre
Lee Haney wurde am 11. November 1959 in Fairburn im US-Bundesstaat Georgia geboren. Seine Familie zog später in die Kleinstadt Spartanburg in South Carolina, wo er als Einzelkind aufwuchs.
Haneys Familie war tief christlich. Er begeisterte sich als Kind vorwiegend für die biblische Figur Samson und den Herkules der griechischen Mythologie, zwei besonders starke und muskulöse Gestalten. Es zeichnete sich also früh ab, wofür Lee Haney später eine Leidenschaft entwickeln sollte. Auch von den Bodybuilding-Magazinen, die damals noch in allen Supermärkten auslagen, fühlte er sich magisch angezogen.
Lee Priest: Der Coleman-Bezwinger!?
Ronnie Coleman wird von vielen bis heute als der beste Bodybuilder aller Zeiten angesehen. „King Coleman“, wie er später genannt wurde, hält mit acht Siegen gemeinsam mit Lee Haney weiterhin den Rekord für die meisten gewonnenen Mr. Olympia Trophäen. Doch als der große Champion wurde er Zeit seiner Laufbahn von vielen seiner Konkurrenten gejagt. Jahrelang lieferte […]
Der Weg zum Bodybuilding
Als 12-Jähriger bekam Lee Haney von seinen Eltern zu Weihnachten eine Hantel geschenkt, deren Gewicht man durch die Befüllung mit Sand variieren konnte. Er trainierte mit einer für sein Alter untypischen Disziplin und las sich nahezu manisch in die Trainings- und Ernährungslehre ein. So kam er schnell zu einer erstaunlichen Muskulatur, die er zunächst in seiner angestrebten Karriere als Highschool Footballer einzusetzen versuchte. Hier schlug er sich überaus erfolgreich und strebte ein Sportstipendium für das College an. Doch nach zwei Beinbrüchen kehrte er dem Mannschaftssport notgedrungen den Rücken.
Parallel zum Football hatte Lee Haney im Kraftraum der lokalen YMCA ernsthafter mit dem Muskelaufbautraining angefangen. Hier wurde sein Talent von seinem ersten Coach Danny Rogers entdeckt und gefördert. Mit 16 gab Haney sein Bühnendebüt auf dem Mr. South Carolina 1975, wo er ganz unbedarft in einer Unterhose aus dem Supermarkt antrat. Es lag jedoch nicht (nur) an der Outfitwahl, dass er das Finale noch deutlich verfehlte.
Lee Haney über rassistische Äußerungen von Rich Piana
Nachdem auf YouTube eine Audioaufnahme aufgetaucht war, in der sich Rich Piana rassistisch äußerte, entschuldigte er sich daraufhin mit einem öffentlichen Statement in einem neuen Video. In der internationalen Fitness Community blieb dieser Vorfall aber natürlich nicht unkommentiert und zahlreiche Persönlichkeiten gaben ihr Meinung zu den Geschehnissen ab. So äußerte sich unter anderem bereits Lee […]
Auch die nächsten kleineren Wettkämpfe verliefen wenig erfolgreich, sodass sich erste Anzeichen der Demoralisierung einstellten. Doch der spätere Ausnahmeathlet blieb beharrlich. Seinen ersten Titel gewann er auf dem Teen Mr. America 1979. Von da an kannte der Verlauf seiner Sportlerkarriere nur noch eine Richtung: bergauf.
Der erste Olympia-Titel
Mit dem Klassen- und Gesamtsieg bei den NPC Nationals 1982 und dem Gewinn der World Amateur Championships im selben Jahr sicherte sich Lee Haney die IFBB Pro-Card, die zu damaliger Zeit weitaus schwieriger zu erlangen war als heutzutage.
Auch bei den Profis setzte der Afro-Amerikaner sofort viele Ausrufezeichen. In seiner ersten Saison 1983 schaffte er vier Grand-Prix-Podestplatzierungen und gewann die hochkarätige Night of Champions (heute New York Pro). Bei seinem Mr. Olympia Debüt in München wurde er auf Anhieb Dritter – ein Wahnsinnserfolg, doch für den späteren Rekordhalter längst nicht das Resultat, das er sich selbst zugetraut hatte.
Beim nächsten Anlauf auf dem Mr. Olympia 1984 in New York City gewann Haney dann haushoch überlegen seiner ersten Sandow. Mit gerade einmal 25 Jahren war er der zweitjüngste Sieger aller Zeiten.
Lee Haney schrieb Olympia-Geschichte
Bis 1991 gelangen Lee Haney acht Mr. Olympia-Titel in Serie. Er hält damit gemeinsam mit Ronnie Coleman die bis heute ungeschlagene Bestmarke. Lee Haney bildete den nahtlosen Übergang zwischen der „Golden Ära“ der 70er- und 80er-Jahre und den späteren „Massemonstern“. Er vereinte das Beste aus beiden Welten: beeindruckende Muskelberge in Verbindung mit einer ansehnlichen Linie. Das wussten sowohl die Kampfrichter als auch die Fans in aller Welt acht Jahre lang sehr zu schätzen.
1991 beendete er schließlich seine weitgehend verletzungsfreie Karriere. Er fühlte sich auf dem Peak seiner Leistungsfähigkeit angekommen und dankte, wie es das Sprichwort verlangt, ab, als es am schönsten war.
Mit seinen 115 Kilogramm auf 180 cm Körpergröße war er in Wettkampfform weit von dem entfernt, was spätere Top-Athleten auf die Bühne brachten. Dennoch setzte er zu seiner aktiven Zeit für damalige Verhältnisse neue Maßstäbe an der Massefront.
Training und Ernährung von Lee Haney
Im Gegensatz zu anderen Bodybuildern wie Coleman, Yates oder Tom Platz, die für ihr schweres und brutales Training berühmt waren, setzte Lee Haney auf eine gemäßigte Vorgehensweise. Sein Motto „stimulate, not annihilate“ („Stimuliere, statt zu zerstören“) ist bis heute legendär. Er setzte auf leichtere Gewichte für eine gute Mind-Muscle-Connection und blieb überwiegend im Wiederholungsbereich zwischen sechs und acht. Große Stücke hielt er auf Pyramidensätze.
Trotz aller Zurückhaltung war Lee Haney ein harter Arbeiter, der teilweise zweimal am Tag trainierte und bis zu vier Stunden im Gym verbrachte. Er hielt sich überwiegend an das Muster: Drei Tage Training, ein Tag Pause.
Seine Ernährung hielt Haney klassisch und clean. Er verwendete kaum Supplemente, dafür umso mehr Süßkartoffeln, denen er eine anabole Wirkung zuschrieb, Spinat, Nüsse und ganz dem Klischee folgend Eier in rauen Mengen.
Das Leben nach dem Bodybuilding
Nach seinem Karriereende 1991 blieb Haney dem Sport tief verbunden. Er gründete mehrere Gyms, z. B. das Lee Haney’s World-Class Fitness Center in Atlanta, und arbeitete als Personaltrainer für Breitensportler und Promis wie The Rock. Später gründete er die Supplement-Marke Lee Haney’s Nutrition und wurde Promoter seines eigenen NPC-Events Lee Haney’s Games.
Als erfolgreichster Bodybuilder aller Zeit blieb Haney in den frühen 90er-Jahren in allen Medien ein gefragter Mann. Er veröffentliche vier Bücher und durfte im US-Fernsehen seine eigenen Shows „TotalLee fit“ und „Lee Haney’s Championship Workout“ ausstrahlen. Unter der Präsidentschaft von Bill Clinton wurde der einstige Olympia-Seiger sogar zum Chairman der President’s Council on Physical Fitness berufen. Ein staatliches Komitee, das Aufklärungsarbeit zu den Themen Gesundheit, Sport und Fitness betreibt.
Lee Haney veröffentlicht neues Buch!
Ist man erst einmal zur Legende im Bodybuilding geworden und die Karriere auf der Bühne neigt sich dem Ende, stehen viele Türen offen, in denen man weiterhin im Sport tätig sein kann. Immer wieder gründen die Sieger vergangener Tage ihre eigene Supplementfirma oder nutzen ihren Bekanntheitsgrad, um Fuß in der Welt der Personal Trainer zu […]
Seine größte Passion gilt seinem Haney’s Harvest House. Mit dem Projekt verbindet der Afro-Amerikaner, der einen Abschluss in sozialer Jugendberatung hält, seine Begeisterung für die Religion und die Entwicklung von Jugendlichen, insbesondere junger Männer. Das Harvest House bietet Beratungen, Workshops und Camps für Jungs zwischen acht und siebzehn an, die sie an eine gesellschaftsfähige Männlichkeit heranführen sollen.
Lee Haney gilt als überaus freundlicher Zeitgenosse. So zurückhaltend und bescheiden er sich in seinem Training zeigte, so agierte er auch in der Öffentlichkeit. Wohl deswegen wurde dem so vielfach Gekrönten nicht die gleiche Aufmerksamkeit teil wie seinem extrovertierten Nachfolger Coleman.
Autorin: Ulrike Hacker - Titelbild: Instagram
Lee Haney beweist, dass man BB auch mit HIrn betreiben konnte und kann – 8x Mr. Olympia wird und dieses dafür notwendige Training, diesen Lebensstil und auch die Pharmaka weitgehend gesund „übersteht“ und überstehen kann. Bei Coleman sieht das ein wenig hirnloser aus. Nichts gegen Coleman – aber nach Beendigung seiner Karriere nur noch mehr ein Schatten seiner selbst zu sein, ein Pflegefall, ist wahrlich kein erstrebenswertes Ziel.