Die Brustmuskulatur zählt wohl zu den Körperteilen, die die wenigsten von uns ungern trainieren. Zu einem breiten, imposanten Oberkörper gehört ein dicker Pectoralis major und das Bankdrücken zählt gleichzeitig wohl zu den Übungen, in der sich die meisten Trainierenden gern mit anderen vergleichen. In der Artikelreihe, die wir mit dem heutigen Beitrag beginnen wollen, soll sich alles darum drehen, wie wir unser Trainingsprogramm am besten gestalten, um das maximale Wachstum aus den einzelnen Muskelpartien herauszuholen. Heute fangen wir mit der Frage an, wie wir am optimalsten unsere Brust trainieren, welche Faktoren dabei berücksichtigt werden müssen und wie diese Faktoren die Variablen unseres Trainings verändern.
[gannikus-das]
Um zu verstehen, wie wir einen Muskel am besten trainieren, müssen wir einige spezifische Aspekte berücksichtigen. Dazu zählen die grundlegende Anatomie des Muskels, seine regionale Anatomie, seine interne Hebelarmlänge, die Sarkomerlänge, in welcher der Muskel arbeitet, sowie seine Anfälligkeit gegenüber Muskelschäden. Gehen wir diese Punkte einzeln für den Pectoralis major durch. Wir werden dabei bestmöglich versuchen, die geschriebenen Worte auch grafisch darzustellen, damit der Leser den Inhalt vollumfänglich nachvollziehen kann.
Die Anatomie der Brustmuskulatur
Der Pectoralis major ist ein relativ großer, spindelförmiger und stark unterteilter Muskel, der seinen Ursprung an drei Stellen besitzt.
- Innere Hälfte des Schlüsselbeines
- Hintere Seite des Brustbeines
- Vorderseite der zweiten bis sechsten Rippe
Diese drei Ursprünge werden dafür genutzt, den großen Brustmuskel in drei Teile zu gliedern. Den Schlüsselbeinteil (clavicular), den Brustbeinteil (sternal) und den Rippenteil (costal). Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass auch andere Einteilungen und Bezeichnungen üblich sein können. Zwar haben alle drei Teile einen unterschiedlichen Ursprung, doch setzen sie alle an einem ähnlichen Punkt am oberen, seitlichen Teil des Oberarmknochens an. Aufgrund der großen Ursprungsfläche und dem relativ kleinen Ansatz besitzen die beiden großen Brustmuskeln auf jeder Seite eine Fächerform [3].
Jede Region des großen Brustmuskels ist bei der horizontalen Beugung der Schulter beteiligt, bei der die Arme im ausgestreckten Zustand von der Seite des Körpers auf Höhe des Gesichtes vor den Körper bewegt werden, so wie bei einer fliegenden Bewegung [4]. Weiterhin sind die an der Innenrotation der Schulter beteiligt, da sie alle an der Außenseite des Oberarmknochens ansetzen [5]. Zur Veranschaulichung: Strecke deinen Arm nach vorn aus und drehe die Handflächen nach oben. Dabei sollte deine Brust kontrahieren.
Im Gegensatz dazu unterscheidet sich die Rolle der drei Regionen zwischen anderen Bewegungsabläufen der Schulter. Die Beugung der Schulter beziehungsweise das Strecken des Armes über den Kopf wird von den Schlüsselbein- und Brustbeinteilen ausgeführt, wohingegen bei der Streckung der Schulter, also die entgegengesetzte Bewegung, der Rippenteil des Pectoralis major beteiligt ist. Bei der Schulterabduktion, also beim seitlichen Anheben des Armes, ist der claviculare Teil beteiligt, wohingegen die entgegengesetzte Bewegung, also die Adduktion der Schulter, unter andrem durch den sternalen Anteil ausgeführt wird.
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Der Antagonismus zum Latissimus dorsi
Der Pectoralis major wird oft als Antagonist, das heißt Gegenspieler, zum Latissimus dorsi angesehen, der hauptsächlich die Streckung und Adduktion der Schulter ausführt. Da bei diesen Bewegungen ebenfalls entweder der Brustbeinteil oder der Rippenteil der Brustmuskulatur beteiligt ist, stellt nur der Schlüsselbeinteil einen echten Antagonisten des Latissimus dar. Tatsächlich ist der Rippenteil bei den meisten Funktionen dieses Rückenmuskels beteiligt und stellt daher eher einen Synergisten zu diesem dar. Der Brustbeinteil ist in machen Bewegungen ein Synergist und in anderen ein Antagonist, da er bei der Streckung, aber auch bei der Abduktion der Schulter beteiligt ist.
Auch bei den sekundären Bewegungen können Pectoralis und Latissimus sowohl Antagonisten als auch Synergisten sein. Beide sind an der Innenrotation der Schulter beteiligt, wobei der Pectoralis bei der horizontalen Beugung der Schulter dem Latissimus entgegengesetzt arbeitet. Besonders wichtig ist dieser Synergismus bei Wurfbewegungen und beim Schwimmen [6, 7]. Im Krafttraining finden wir diesen Synergismus bei den Überzügen, die ja nach Position der Schultern mit Fokus auf die Brust oder den Latissimus ausgeführt werden können [8].
Auswirkungen darauf, wie wir unsere Brust trainieren sollten
In der Praxis zeigt sich der Pectoralis major als relativ große Muskelgruppe, die anatomisch gesehen in drei verschiedene Regionen aufgeteilt werden kann und eine große Bandbreite von Bewegungen der Schulter ausführt. Bei der horizontalen Beugung der Schulter, wie es beim Bankdrücken und bei fliegenden Bewegungen der Fall ist, sowie bei der Innenrotation der Schulter werden alle drei Regionen trainiert. Je zwei der Regionen werden weiterhin durch die Streckung und Adduktion der Schulter beansprucht.
Die regionale Anatomie der Brustmuskulatur
Wie wir gerade gelernt haben, wird der Pectoralis major anatomisch und biomechanisch in drei verschiedene Regionen eingeteilt [9, 10]. Einige Forscher beschreiben den sternalen und costalen Bereich als eine sternocostale Region, wobei keine dieser Einteilungen zu 100 Prozent korrekt ist, da man bis zu sieben Unterregionen des Brustbeinanteils identifiziert hat [3]. Der Schlüsselbeinanteil macht rund 19 Prozent der gesamten Brustmuskulatur aus und gilt aus mehreren Gründen als eigenständige Region [9].
Zunächst einmal wird dieser Bereich unabhängig gegenüber den anderen Regionen von unterschiedlichen Nerven angesteuert [11]. Weiterhin besitzt der claviculare Teil in der Regel eine eigene Sehne am Oberarmknochen, die weiter außen ansetzt als die Sehne der anderen Regionen [2, 10]. Außerdem unterscheidet sich die Richtung der Muskelfasern deutlich je nach Region [2]. Die oberen Bereiche verlaufen schräg nach unten, die mittleren Bereiche horizontal und die unteren Bereiche schräg nach oben, was dadurch verstärkt wird, dass sich die beiden Sehnen überkreuzen und die untere von beiden weiter oben am Oberarmknochen ansetzt. Wahrscheinlich werden die Muskelfasern leichter aktiviert, wenn die ausgeführte Bewegung ihrer Verlaufsrichtung entspricht und sie deshalb in unterschiedlichen Funktionen der Schulterbewegung beteiligt sind.
Zu guter Letzt kann der große Brustmuskel in verschiedene Regionen, basierend auf ihrer internen Hebelarmlänge, aufgeteilt werden. Die Beugung der Schulter wird durch den oberen (clavicularen) und mittleren (sternalen) Anteil der Brust ausgeführt, wohingegen der untere Teil die Schulter streckt. Die Abduktion der Schulter wird teilweise vom oberen Anteil übernommen, wohingegen der mittlere und untere Anteil bei der Adduktion beteiligt sind.
Interne Hebelarmlänge
Der interne Hebelarm ist der Abstand zwischen einer Gelenkachse und der bewegten Last. Im Fall der Brust stellt die Schulter das Gelenk dar und das Gewicht in deiner Hand die Last. Je länger der Hebelarm zwischen den beiden ist, desto mehr Gewicht wirkt aufgrund des Drehmomentes auf die Gelenkachse. Durch die interne Hebelarmlänge wird der Beitrag eines Muskels auf die Kraftwirkung am Gelenk in Relation zu anderen Muskeln bestimmt. Abhängig von den Veränderungen über den Verlauf der Bewegung (Kraftkurve) wird so bestimmt, welcher Muskel beziehungsweise welche Region des Muskels dadurch am besten trainiert wird.
Die horizontale Beugung der Schulter
Die bekannteste Funktion des Pectoralis major, wenn wir die Brust trainieren, ist die Schulter horizontal zu beugen und dadurch die Arme vor den Körper zu bringen. Ein Beispiel dafür sind fliegende Bewegungen, so wie im oben stehenden Bild gezeigt. Je nach der verwendeten Technik ist diese Funktion auch beim Bankdrücken beteiligt. Doch auch andere Muskelgruppen sind dabei involviert. Neben dem Pectoralis major stellt die vordere Schulter den wichtigsten Beuger des Schultergelenks dar. Eine kleinere Rolle spielt der Musculus subscapularis, der sich unter dem Schulterblatt befindet. Die hintere Schulter, der Infraspinatus, Supraspinatus, Teres major und minor sowie der Latissimus stellen die wesentlichen Strecker der Schulter, also die Antagonisten in dieser Bewegung dar.
Auch wenn wir keine Daten über die Hebelarmlängen der einzelnen Regionen der Brustmuskulatur bei einer horizontalen Beugung haben, verringert er sich insgesamt über den Verlauf der Bewegung. Während die vordere Schulter ihr größtes Drehmoment bei maximaler Streckung der Schulter hat, liegt der größte Beitrag des Pectoralis bei einer Beugung von 45 Grad, wenn sein Hebelarm länger ist als der der vorderen Schulter. Übungen, bei denen die größte Last bei maximaler Streckung der Schulter wirkt, trainieren daher vorrangig die vordere Schulter, wohingegen Übungen, in denen die größte Kraft eher zur Mitte der Bewegung aufgebracht werden muss, vorrangig die Brust trainieren.
Ganz egal, ob das Ziel lautet, Muskelmasse aufzubauen oder Fett zu verlieren, um die aufgebaute Muskulatur freizulegen und sichtbar zu machen, ein adäquates Krafttraining stellt die Grundlage dar, damit sich die Körperkomposition in die richtige Richtung entwickelt. Dabei stellt sich vielen jedoch immer wieder die Frage, wie hoch der Kalorienverbrauch beim Krafttraining wirklich ist. Wollen […]
Berechenbar oder nicht? – Wie hoch ist der Kalorienverbrauch beim Krafttraining?
Um das Ganze etwas bildlicher auszudrücken: Fliegende Bewegungen mit der Kurzhantel trainieren aufgrund der Kraftkurve stärker die vordere Schulter und weniger die Brust als fliegende Bewegungen an der Maschine oder am Kabelzug, da hierbei die mechanische Spannung auf den Muskel in jedem Punkt der Bewegung dieselbe ist. Unter Verwendung von Kurzhanteln nimmt die Kraft zur Mitte der Bewegung hin ab, wenn sich die Hanteln über der Brust befinden. Grund dafür ist, dass die Last aufgrund der senkrecht zum Boden wirkenden Schwerkraft durch die gestreckten Arme hindurchgeleitet wird.
Die vertikale Beugung (und Streckung) der Schulter vor dem Körper
Wenn die Schulter vor dem Körper von unten nach oben gebeugt wird, übernehmen der vordere und seitliche Anteil des Schultermuskels, die Brustmuskulatur und der Supraspinatus einen Großteil der Arbeit .
- Der obere Anteil der Brust ist während der gesamten Bewegung beteiligt, wobei sein Drehmoment schon bei 45 Grad sein Maximum erreicht und über 90 Grad leicht wieder abnimmt.
- Der Hebelarm des mittleren Anteils ist kleiner als der des oberen Anteils und erreicht zwischen 30 und 60 Grad seinen relativ geringen Peak.
- Der untere Anteil der Brust hat einen Beitrag zur Schulterstreckung, bis diese einen Winkel von 45 Grad erreicht. Das Plateau seines Beitrages ist bei 90 Grad erreicht.
Der Beitrag der vorderen und seitlichen Schultermuskulatur zur vertikalen Beugung der Schulter vor dem Körper, so wie man es beim Frontheben festmachen kann, ist weitaus größer als der der oberen und mittleren Brust. Der Hebelarm der Schultermuskulatur steigt mit zunehmender Beugung an. Eine Übung, bei denen die größte Kraft bei einem geringen Grad aufgebracht werden muss, beispielsweise sehr enges Bankdrücken, trainiert die Brust bis zu einem gewissen Grad. Bei größeren Winkeln werden vorrangig die Schultern beansprucht.
Die Streckung der Schulter in höheren Winkeln, wie sie bei Überzügen mit Kurzhanteln über eine Bank der Fall ist, wird zu einem großen Teil vom Rippenteil der Brustmuskulatur ausgeübt. Bei geringeren Winkeln ist der Beitrag gegenüber den Muskelgruppen auf der Rückseite des Körpers sehr gering. Um den Winkel zu erhöhen und dadurch vermehrt die Brust zu trainieren, bietet es sich an, die Schultern quer über eine Bank zu legen und die Hüfte zu beugen, sodass der Überkörper schräg nach unten verläuft und die Hüfte unterhalb der Schulter liegt, oder gegebenenfalls eine Negativbank zu verwenden.
Adduktion (und Abduktion) der Schulter
Während die Abduktion, das heißt, das seitliche Anheben der Schultern wie beim Seitheben, vorrangig durch die vordere und seitliche Schultermuskulatur sowie Supra- und Infraspinatus ausgeführt wird, sind der Pectoralis major, der Latissimus dorsi, der Teres major und der Musculus subscapularis an der entgegengesetzten Bewegung, der Adduktion, beteiligt.
- Der obere Anteil der Brust scheint einen geringen Beitrag zur Abduktion der Schulter zu leisten, wenn der Winkel mehr als 45 Grad beträgt.
- Der mittlere Anteil des Pectoralis major besitzt einen Hebelarm bei der Adduktion der Schulter, wobei er im Winkel von 45 Grad am höchsten ist.
- Die untere Region des Brustmuskels besitzt einen moderaten Hebelarm bei der Adduktion der Schulter und ist bei 60 Grad am größten.
Auch wenn der claviculare Anteil der Brust einen Beitrag zur Abduktion der Schulter leistet, ist sein Hebelarm bei Übungen wie dem Überkopfdrücken, besonders hinter dem Kopf, sehr gering [12]. Bei der Adduktion der Schulter ist der Hebelarm des Latissimus während der gesamten Bewegung länger als der des Pectoralis major, der dabei nur eine unterstützende Funktion einnimmt. Werden die Arme jedoch etwas weiter vor dem Körper gehalten, vergrößert sich der Beitrag der unteren Brust mitunter deutlich, weshalb es auch Maschinen gibt, die sich auf diese Bewegung fokussieren.
Ist ein fester Trainingsplan nötig oder müssen wir den Muskel „schocken“?
Zu Beginn der Trainingskarriere orientieren sich die meisten Athleten zunächst an einem festen Trainingsplan, der die einzelnen Übungen sowie deren Reihenfolge für jede Trainingseinheit vorgibt. Mit zunehmender Erfahrung und womöglich auch aus Langeweile fangen die meisten ab einem gewissen Punkt an, die Auswahl und Reihenfolge der Übungen in ihren Trainingseinheiten zu variieren. Mit dem Begriff […]
Variationen des Bankdrückens
Wir haben nun sehr viel über verschiedene Streck- und Beugebewegungen der Schultergelenke diskutiert, aber noch nicht wirklich die wohl wichtigste und beliebteste Übung für den Pectoralis major angesprochen. Wenn wir unsere Brust trainieren, ist es sehr schwierig, anatomisch gesehen ihre Rolle beim Bankdrücken zu erfassen, da wir hierbei meistens die Schultern gleichzeitig anheben und horizontal beugen. Je nach Stellung der Ellenbogen können diese Bewegungen eher in der Sagittal- oder Frontalebene des Körpers stattfinden. Die Veränderung der Kraftrichtung durch die Verwendung eines anderen Winkels im Sinne einer Schräg- oder Negativbank machen es nicht weniger komplex.
In der Praxis zeigt sich, dass verschiedene Variationen des Bankdrückens verwendet werden können, um verschiedene Regionen des Pectoralis major anzusprechen. Wenn wir die Brust trainieren, kann das Bankdrücken auf der Schrägbank zu einem größeren Beitrag der oberen Brust führen, wohingegen das Flach- und Negativbankdrücken die mittleren und unteren Bereiche anspricht. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass der Brustmuskel insgesamt zu rund 80 Prozent aus dem mittleren und unteren Anteil besteht. Daher erscheint es sinnvoll, den Großteil der Bankdrückvariationen so zu wählen, dass diese Bereiche angesprochen werden. Aus optischen Gründen bevorzugen es jedoch viele Athleten, mit dem Fokus auf den clavicularen Anteil zu trainieren.
Arbeitende Sarkomerlänge
Der Muskel besteht in seiner kleinsten Anatomie aus unzähligen Aktin- und Myosinfilamenten, die sich während einer Kontraktion ineinander verschieben und den Muskel so verkürzen. Diese Filamente verlaufen innerhalb der Myofibrillen parallel zueinander und bilden ein Sarkomer. Die Sarkomerlängen, in denen ein Muskel während einer Bewegung arbeitet, bestimmt, ob er eine Hypertrophie durch einen Dehnungsreiz von der Übung erfahren kann [13]. Nur wenn die Sarkomere eines Muskels auf den absteigenden Ast der Längen-Spannungs-Beziehung gedehnt wird, kann die mechanische Spannung während der gesamten Range of Motion gesteigert werden [14]. Anders ausgedrückt gibt die Längen-Spannungs-Beziehung vor, wie weit sich Aktin- und Myosinfilamente überlappen oder nicht überlappen und dennoch die maximale Kraft aufbringen. Je weiter die Sarkomere gedehnt werden können und dennoch Kraft aufbringen, desto größer ist der Arbeitsbereich der Sarkomerlänge.
Die arbeitenden Sarkomerlängen des Pectoralis major wurden in wenigen Studien untersucht und variieren zwischen den einzelnen Regionen [2, 15, 16]. Der mittlere Anteil besitzt die größte Arbeitslänge über den gesamten Bereich der Längen-Spannungs-Beziehung. Auch der obere Teil arbeitet über den gesamten Bereich, wenn auch zu einem geringeren Anteil. Der untere Teil der Brust hingegen arbeitet erst ab dem Plateau des gesamten Muskels mit und erreicht die gleiche maximale Länge wie der mittlere Anteil.
Wenn wir in der Praxis unsere Brust trainieren, bedeutet das, dass alle Regionen des Muskels eine dehnungsinduzierte Hypertrophie erfahren können, wenn wir ihm einer höheren Last an dem Punkt aussetzen, an dem er gedehnt ist. Der untere Teil der Brust ist der Teil, der am wenigsten von einer maximalen Verkürzung (Kontraktion) des Muskels profitiert und der obere Teil der, der am wenigsten von der Arbeit im maximal gedehnten Bereich profitiert. Daher sollte der Brustmuskel über den vollen Bewegungsradius trainiert werden.
Welchen Stellenwert hat die Range of Motion beim Muskelaufbau?
Schaut man sich im Internet Tutorials zu verschiedenen Übungen im Krafttraining an, wird man immer wieder auf den Grundsatz treffen, dass eine volle Range of Motion, auf Deutsch „Bewegungsradius“, absolut notwendig sei, um den Muskelaufbau zu optimieren. Besonders wenn man sich unerfahrene Fitnessstudiogänger ansieht, die eine Übung noch nicht sicher beherrschen und lediglich Teilbewegungen ausführen, […]
Anfälligkeit gegenüber Muskelschäden
Untersuchungen fanden heraus, dass der Pectoralis major im Verhältnis zu anderen Muskelgruppen länger braucht, um zu regenerieren [17]. Der Trizeps brachii, ein weiterer Muskel, der beansprucht wird, wenn wir unsere Brust trainieren, wird ebenfalls leicht durch das Training in Mitleidenschaft gezogen und regeneriert nur wenig schneller [18].
Die Fähigkeit eines beliebigen Muskels sich von einem Training zu erholen hängt von drei wesentlichen Faktoren ab:
- Dem Grad der freiwilligen Aktivierbarkeit
- Der Art der Muskelfasern
- Der arbeitenden Sarkomerlänge
Bisher scheint es keine Untersuchungen zu geben, die das freiwillige Aktivierungspotential des Pectroalis major direkt gemessen hat, wenn wir die Brust trainieren. Dieser Parameter ist jedoch in den meisten Fällen eng mit der Größe des Muskels verknüpft. Größere Muskeln werden weniger leicht aktiviert als kleinere Muskeln. Der Trizeps erreicht relativ hohe Werte von 94 bis 96 Prozent freiwilliger Aktivierung und ist nur wenig größer als der Pectoralis major [1, 19]. Zusammengenommen deutet das darauf hin, dass die Muskelfasern des großen Brustmuskels zu einem relativ hohen Grad freiwillig, das heißt absichtlich, aktiviert werden können.
Aus der wenigen Literatur, die wir zur Verfügung haben, scheint es, als würde der Pectoralis major zu einem größeren Anteil aus schnellzuckenden Typ II Muskelfasern bestehen, was ihn anfälliger gegenüber Muskelschäden und damit auch Muskelkater macht [20, 21]. Weniger oxidative Typ II Muskelfasern werden leichter geschädigt als oxidativere Typ I Muskelfasern [22]. Wie eben besprochen, erreichen die arbeitenden Sarkomerlängen des Pectoralis major alle den absteigenden Ast der Längen-Spannungs-Beziehung, was ihn anfälliger gegenüber Muskelschäden macht als Muskelgruppen, die nur im aufsteigenden Ast und/oder dem Plateau arbeiten. Grund dafür ist, dass jede Muskelfaser mehr Kraft aufbringen kann und sie somit eine größere mechanische Spannung erfährt.
Es gibt ihn seit Menschengedenken, doch lange Zeit schien auch die Forschung nicht so richtig zu verstehen, was hinter dem schmerzhaften Gefühl steckt, welches etwa zwölf bis 36 Stunden nach einer harten Trainingseinheit eintritt. Muskelkater stellt für viele Kraftsportler ein Zeichen für ein erfolgreiches Workout dar, doch fragen sich viele, ob man trotz der Muskelschmerzen […]
Schmerzhafte Angelegenheit: Wie entsteht Muskelkater und kann man trotzdem trainieren?
Jeder der drei Faktoren, die den Grad der Muskelschäden bestimmen, ist beim Pectoralis major sehr hoch, was erklärt, warum dieser Muskel lange zur Regeneration benötigt. Wenn wir unsere Brust trainieren, sollten wir deshalb darauf achten, Trainingsvolumen und Trainingsfrequenz so in Einklang zu halten, dass sich dieser Muskel von Trainingseinheit zu Trainingseinheit regenerieren kann und somit die gewünschten Anpassungen in Form von Muskel- und Kraftzuwachs möglich werden.
Fazit und Zusammenfassung
Der Pectoralis major ist ein relativ großer Muskel unseres Oberkörpers, der sich grundsätzlich in den oberen Schlüsselbeinteil, den mittleren Brustbeinteil und den unteren Rippenteil. Alle Teile sind an der horizontalen Schulterbeugung beteiligt, wie wir sie bei fliegenden Bewegungen oder beim Bankdrücken ausführen sowie bei der Innenrotation der Schulter. Die Beteiligung in anderen Bewegungen der Schulter unterscheidet sich jedoch, weshalb wir verschiedene Übungen ausführen sollten, wenn wir unsere Brust trainieren.
Verschiedene Variationen des Bankdrückens mit unterschiedlichen Neigungswinkeln können genutzt werden, um die verschiedenen Bereiche fokussiert anzusprechen. Während das Schrägbankdrücken besonders den oberen Anteil anspricht, fokussieren das Flach- und Negativbankdrücken den mittleren und unteren Anteil, die zusammen rund 80 Prozent des gesamten großen Brustmuskels ausmachen. Zusätzlich zum Bankdrücken als Grundübung, die mehrere Gelenke involviert, kann die Brust ebenfalls mit Isolationsübungen, wie zum Beispiel den fliegenden Bewegungen mit Kurzhanteln an der Maschine oder am Kabelzug, trainiert werden. Aufgrund der biomechanischen Kraftkurve ist es jedoch sinnvoller sich dabei auf die beiden letztgenannten Variationen zu beschränken. Eine weitere mögliche Übung für den mittleren und unteren Anteil sind Überzüge, bei denen die Kraftkurve so gewählt werden sollte, dass die maximale Last oberhalb von 90 Grad Schulterbeugung liegt.
Alle Teile der Brust können einen Wachstumsreiz durch Dehnung erfahren, weshalb es sinnvoll erscheint, die gesamte Range of Motion zu nutzen. Weiterhin ist der Brustmuskel zu einem hohen Grad willentlich aktivierbar und besitzt einen hohen Anteil an Typ II Muskelfasern, was ihn ideal für explosives und schweres Training macht. Bis zu einem gewissen Grad können wir ihn aber auch mit leichteren Gewichten aufbauen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass der Pectoralis major anfällig gegenüber Muskelschäden ist, weshalb die Trainingsfrequenz und das Trainingsvolumen nicht zu hoch gewählt und Intensitätstechniken mitbedacht werden sollten.
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Primärquelle:
Chris Beardsley: „How should we train the pectoralis major?“ medium.com/@SandCResearch
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