Testosteronersatztherapie: Methoden, Ablauf, Kosten und Nebenwirkungen

Die Testosteronersatztherapie erfreut sich gerade unter Bodybuildern steigender Popularität. Der Grund: Der Gebrauch anaboler Steroide führt häufig dazu, dass die körpereigene Testosteronproduktion irreversibel reduziert wird. Niedrige Testosteronspiegel sind aber auch eine normale Folge der Alterung oder können krankheitsbedingt sein. Die moderne Medizin kennt Auswege aus der Misere: Die Testosteronersatztherapie kann die Lebensqualität der Betroffenen wesentlich steigern.

Testosteronersatztherapie: Was ist das überhaupt?

Die Testosteronersatztherapie wird auch häufig mit dem Kürzel TRT für Testosteron Replacement Therapy bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine medizinische Langzeitbehandlung, bei der dem Körper externes Testosteron zugeführt wird, um einem natürlicherweise zu niedrigem Testosteronlevel entgegenzuwirken. Hierdurch sollen Mangelerscheinungen behoben werden.

Die TRT hat sich in den vergangenen Jahren aber auch zu einer Art Lifestyle-Produkt gewandelt, von dem sich Männer unter anderem eine verbesserte Libido und ewige Jugend erhoffen. Dabei wird häufig vergessen, dass es sich hierbei um eine medizinische Therapie handelt, die nur in begründeten Fällen angewendet werden sollte. Hierzu später mehr.

Testosteronersatztherapie: 4 Dinge, die du nicht wusstest!

Dem Testosteron haften viele Mythen und Vorurteile an. Nicht zuletzt durch Klatschblätter und reißerischen Journalismus wird das männliche Sexualhormon oft mit stumpfen Bodybuildern in Verbindung gebracht, die sich durch die Nutzung von Testosteron künstlich aufpumpen – so lange, bis sie irgendwann durch den Konsum sterben, weil die Organe versagen. Natürlich muss man sich eingestehen, dass […]

Ist TRT Doping? Unterschiede zur Testosteron-Kur

Die Zufuhr von Testosteron lässt die Alarmglocken des Uninformierten schnell läuten: Ist das nicht Doping?

Die Testosteronersatztherapie darf nicht mit der klassischen Testosteron-Kur, wie sie im Wettkampf-Bodybuilding häufig eingesetzt wird, verwechselt werden.

Unterschiede TRT und Testosteron-Kur

Die wesentlichen Unterschiede sind:

• Einsatz nur bei vorliegendem Testosteronmangel
• ärztliche Verordnung und Begleitung
• dauerhafte Behandlung
• ausschließlich legale Beschaffung von kontrollierten Testosteronprodukten
• keine leistungssteigernde Intention – lediglich Herstellen eines normalen Testosteronlevels
• Kostenübernahme durch die Krankenkasse

Durch die Testosteronersatztherapie verschafft sich der Anwender keinerlei Vorteile. Im Prinzip ist sogar die Anwendung bei Leistungssportlern, die unter der Aufsicht der Antidopingagenturen stehen, ohne Weiteres denkbar.

Wann wird die Testosteronersatztherapie eingesetzt?

Die Testosteronersatztherapie wird nur eingesetzt, wenn ein Arzt einen dauerhaft zu niedrigen Testosteronspiegel beim Patienten feststellt. Hierbei stellt sich natürlich die Frage, ab welchen Grenzwerten von diesem geredet werden kann.

Testosteron kommt im Körper in gebundener und freier Form vor. Der überwiegende Anteil des Testosterons ist im Blut an die Proteine Albumin oder SHBG gebunden. Nur etwa 2 bis 3 % liegen als freies Testosteron vor. Das freie Testosteron ist im Gegensatz zum gebundenen bioaktiv und daher für die Feststellung eines eventuellen Mangels eigentlich interessanter, jedoch sind die Messverfahren hier unpräzise.

Angesichts dessen ist es gängig, das Gesamttestosteron, also die Summe aus dem gebundenen und freien, zu bestimmen. Die Messung kann im Speichel oder im Blut erfolgen, wobei der Bluttest das gängigere Verfahren darstellt. Es gilt:

• 12 nmol/Liter Blut gelten als Idealwert
• 8 bis 12 nmol/Liter Blut stellen eine Grauzone dar, in der eine Therapie im Einzelfall in Erwägung gezogen werden kann
• unter 8 nmol/Liter bedeuten einen behandlungswürdigen Mangel

Was sind die Symptome von Testosteronmangel?

Testosteronmangel ist beim Mann äußerlich und innerlich wahrnehmbar. Typische Symptome sind Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, verminderte sexuelle Lust und Potenzstörungen sowie eine reduzierte Spermienbildung. In extremen Fällen ist auch eine Abnahme der Knochendichte möglich.

Sportler können einen Rückgang der Leistungsfähigkeit trotz hartem Training verzeichnen. Auch ein unerklärlicher Abbau von Muskelmasse bei gleichzeitigem Aufbau von Körperfett sind ein Warnsignal.

Ausbleibender Diätfortschritt ist somit im Einzelfall nicht auf Disziplinlosigkeit, sondern einen Mangel an Testosteron zurückzuführen. In all diesen Fällen lohnt sich der sofortige Gang zum Arzt.

Testosteronersatztherapie – Wenn Steroide konsumieren angebracht ist!

In einer idealen Welt besuchen Hobbysportler das Fitnessstudio, um ihre Gesundheit zu fördern. Sie bewegen Gewichte, überschreiten Grenzen, ernähren sich gesund und steigern ihre Trainingsleistung bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie zufrieden mit den Ergebnissen sind. In dieser Welt haben Athleten auch einen identischen Testosteronspiegel und weisen keinen Mangel auf! Leider gibt es diese […]

Wie kann Testosteronmangel entstehen?

Testosteronmangel kann viele Ursachen haben:

• natürliche Alterung (die Testosteronproduktion nimmt etwa ab dem 40. Lebensjahr schrittweise ab)
• Vorerkrankungen, beispielsweise an den Hoden (Hypogonadismus) oder dem Endokrinen System
• schlechte Ernährung/Nährstoffmangel
• Schlafmangel
• Stress
• Bewegungsmangel
• Übertraining
• Alkohol- und Drogenkonsum
• bestimmte Medikamente, etwa Schmerzmittel und Psychopharmaka
• starkes Über- oder Untergewicht

Männer und Frauen: So beeinflusst Alkohol den Testosteronspiegel!

Wenngleich Alkohol ein schwaches Gift ist, wird er schon seit Jahrtausenden aufgrund seiner berauschenden Wirkungen verzehrt und genießt daher den Schutz als traditionelle und damit legale Droge. Erst kürzlich haben wir einen wissenschaftlichen Artikel darüber verfasst, welchen Einfluss Trinkalkohol auf die muskuläre Regeneration hat. Heute möchten wir uns jedoch explizit der Frage annehmen, welchen Einfluss […]

An der Auflistung ist erkennbar: Vor Einleitung einer medikamentösen Behandlung lohnt sich auch der selbstkritische Blick auf den eigenen Lebensstil. Viele der genannten Faktoren können durch offensichtliche Maßnahmen – unter anderem Verzicht auf Zucker und schlechte Fette, Schlafhygiene, (Kraft-)Sport, Belastungssteuerung, sinnvolle Supplementierung usw. – ausgeschaltet werden.

Ein guter Arzt wird auch zu solchen Maßnahmen raten und die Testosteronersatztherapie erst anordnen, wenn sich die Messwerte trotz Intervention nicht verbessern.

Testosteronmangel bei Bodybuildern

Unter Bodybuildern und Kraftsportler kommt Testosteronmangel besonders häufig vor, da sich (männliche) Sportler dieser Disziplinen besonders oft zum Gebrauch von anabolen Steroiden entschließen. Es ist an dieser Stelle wichtig zu betonen: Die Entscheidung für den Gebrauch von Testosteron zur Leistungssteigerung ist häufig auch eine Entscheidung für die lebenslange Notwendigkeit einer Hormonersatztherapie!

Unser Körper ist auf Effizienz getrimmt. Was von außen in ausreichender oder sogar überzogener Menge zugeführt, dessen Produktion wird weitgehend zurückgefahren oder ganz eingestellt.

TRT: Welche Methoden gibt es?

Es gibt verschiedene Methoden der Testosteronersatztherapie, von denen sich einige als besonders wirksam und praktikabel erwiesen haben:

Gel

Testosteronhaltiges Gel ist eine sehr anwenderfreundliche Variante. Das Gel wird auf eine große Körperfläche, wie Bauch, Oberarm oder Oberschenkel, aufgetragen. Die Behandlung führt zu einem raschen Anstieg des Serumtestosteron. Danach erfolgt über rund 24 Stunden hinweg eine konstante Abgabe in den Blutkreislauf.

Der Nachteil dieser Anwendungsform liegt darin, dass eine Übertragung durch Berührung an andere Personen nicht unwahrscheinlich ist. Zudem ist hier eine tägliche eigenverantwortliche Anwendung notwendig, um den Therapieerfolg nicht zu gefährden.

Neue Erkenntnisse zur Testosteronersatztherapie!

Im Jahr 2016 gab die FDA (Food and Drug Administration) in aller Eile einige neue Warnhinweise zu den schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen der Testosteronersatztherapie (TRT) heraus. Ihre Erklärung, eine Aufforderung an die Arzneimittelhersteller, die Kennzeichnung auf den Testosteronverpackungen zu verbessern, enthielt die folgenden Warnungen: „Zu den gemeldeten schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen gehören Herzinfarkt, Herzversagen, Schlaganfall, Depression, Feindseligkeit, […]

Injektionen

Die aus dem Doping bekannte Injektion von Testosteron ist auch in der klinischen Therapie beliebt. Dabei wird das Hormon in Intervallen intramuskulär injiziert.

Die langzeitwirksame sogenannte Depot-Spritze ist hierbei deutlich kostengünstiger und angenehmer für den Patienten. Allerdings kann der Hormonspiegel bei auftretenden Nebenwirkungen nicht spontan abgebaut werden. Es ist daher gängig, zunächst mit kurzzeitig wirksamen Injektionen zu starten und im Therapieverlauf auf die Depotvariante zu wechseln.

Tabletten/Kapseln

Die Testosteronersatztherapie kann auch per Tablette oder Kapsel erfolgen. Diese Methode ist besonders gut verträglich, ein großer Nachteil liegt aber darin, dass die Präparate mehrfach täglich eingenommen und mit einer fettreichen Ernährung kombiniert werden müssen. Auch hier wird dem Patienten viel Verantwortung auferlegt, weswegen Ärzte vielfach die Injektion bevorzugen.

Wie lange dauert eine Testosteronersatztherapie?

Eine Testosteronersatztherapie ist im Gegensatz zur Kur im Bodybuilding keine kurzfristige Angelegenheit für die nächste Freibadsaison. Anwender müssen sich auf eine monate- oder jahrelange, in vielen Fällen auch lebenslange Behandlung einstellen.

Was kostet die Testosteronersatztherapie?

Je nach gewählter Verabreichungsform können sich die Kosten für eine Testosteronersatztherapie auf bis zu 1000 EUR pro Jahr belaufen. Doch die gute Nachricht ist: Die Krankenkassen finanzieren die Behandlung. Hierzu müssen zwei Voraussetzungen vorliegen:

1. Ein Arzt muss einen Testosteronmangel in mindestens zwei Blutuntersuchungen bestätigen.
2. Eine ärztlich begleitete Lebensstilumstellung darf zu keinem natürlichen Anstieg des Testosterons geführt haben.

Die Testosteron-Ersatzprodukte sind nicht frei verkäuflich. Nur auf ein ärztliches Rezept können geprüfte und sichere Medikamente erstanden werden.

Welche Nebenwirkungen kann die Testosteronersatztherapie haben?

Die Testosteronersatztherapie kann mit Nebenwirkungen verbunden sein, von denen viele aus dem illegalen Gebrauch von Steroiden bekannt sind:

• schlechteres Hautbild
• Haarausfall
• Wassereinlagerungen auch im Kopfbereich und Gesicht
• Gynäkomastie
• erhöhte Aggressivität
• Schlafapnoe
• Zunahme der roten Blutkörperchen
• starker Harndrang
• Prostatavergrößerung

Der Eingriff in unser empfindliches endokrines System ist kein Kinderspiel! Angesichts dessen ist die gesamte Therapie vom Arzt zu begleiten und bei Verdachtsmomenten eine entsprechende Blutuntersuchung vorzunehmen. Die TRT soll die Lebensqualität schließlich erhöhen und nicht neue Probleme physischer und psychischer Art mit sich bringen.

Generell kann aber Entwarnung gegeben werden: Eine große Metastudie aus dem Jahr 2022 zeigte keinerlei erhöhte Gesundheitsrisiken bei langwierigen Testosteronersatztherapien. Im Gegenteil kann sich die TRT zusätzlich positiv auf die kardiovaskuläre Gesundheit und die Cholesterinwerte auswirken.

Die Top-3 Mythen über Testosteron

Du hast sicher von den Schlagzeilen gelesen, die etwas aussagen wie „Testosteronersatztherapie führt zu Herzkrankheiten“ oder „Testosterontherapie ist nicht sicher“. „Verdammt“… dachtest du dir, „Ich würde eine Testosteronersatztherapie (TRT) gerne ausprobieren, aber ich will nicht dabei draufgehen!“ Nun, hält man sich an die aktuelle Wissenschaft, wirst du das nicht. Tatsächlich wird ein gesunder Testosteronspiegel mit […]

Ist die Testosteronersatztherapie Betrug?

Der TRT haftet trotz aller Aufklärung weiterhin ein verruchtes Image an. Sie wird häufig missverstanden als Doping durch die Hintertür oder die verzweifelte Jagd nach dem Jungbrunnen von älteren Herren in der Midlife-Crisis. Dabei handelt es sich hierbei um eine schulmedizinische Therapie unter vielen, die nicht mehr leistet, als einen krankhaften Zustand zu kurieren.

So wie jedem Diabetiker eine Behandlung von Insulin zugestanden wird, sollten auch diejenigen, die unter chronisch niedrigen Testosteronwerten leiden, das Recht auf ärztliche Hilfe vergönnt sein. Unfaire Vorteile gegenüber anderen Sportlern ist bei den gängigen Dosen nicht zu erwarten.

Bekannte Anwender von TRT

Wie immer sind uns die Amerikaner auch bei dem Gebrauch und vor allem der Akzeptanz der TRT einen Schritt voraus. In letzter Zeit haben sich vermehrt ehemalige und aktive Bodybuilder öffentlich zu ihrer Testosteronersatztherapie geäußert.

So ist Larry Wheels, der sich derzeit für einen Start in der Classic Physique vorbereitet, nach jahrelangem Steroidgebrauch auf eine Ersatztherapie umgestiegen. Auch ehemalige Stars der offenen Klasse wie Victor Martinez oder Jordan Peters lassen ihre Sportlerkarriere mit TRT ausklingen. Es dürfte noch deutlich mehr Ex-Bodybuilder geben, die nach zum Teil jahrzehntelangen starken Steroidkonsum ihr Testosteronlevel auf diesem Wege auf Normalniveau anheben müssen.

Testosteronersatztherapie: das Wichtigste in Kürze

Die Testosteronersatztherapie hat nichts mit illegalem Doping zu tun, sondern ist eine ärztliche Behandlung, die einen krankhaften Testosteronmangel ausgleichen soll. Die Therapie darf nur erfolgen, wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Mangel nicht lebensstilbedingt ist. In diesem Fall übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Behandlungskosten.

Die Therapie kann per Gel, oral oder Injektion erfolgen. Therapieerfolge stellen sich im Regelfall erst nach Monaten ein. Unter Umständen ist eine lebenslange Anwendung erforderlich. Insbesondere ehemalige Konsumenten von anabolen Steroiden sind häufig auf eine Langzeittherapie angewiesen.

Ganz ohne Nebenwirkungen kommt die Testosteronersatztherapie nicht aus. Zudem sollte sie stets unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um Folgeschäden beispielsweise an der Prostata auszuschließen. Bei professioneller Begleitung und guter Einstellung gilt die Testosteronersatztherapie jedoch als äußert sicher und kann das Wohlbefinden der Betroffenen ganzheitlich verbessern.

Autorin: Ulrike Hacker | Titelbild: Shutterstock